2.1 Grundsatz – Zu- und Abschläge bei durchgeführter Versorgungsausgleich (Abs. 1)
Rz. 13
Die Vorschrift enthält in Abs. 1 den Grundsatz, dass bei der Rente ein zugunsten oder zulasten von Versicherten durchgeführter Versorgungsausgleich durch einen Zuschlag (Abs. 2) oder Abschlag (Abs. 3) an Entgeltpunkten berücksichtigt wird.
Sofern beim Familiengericht ein Versorgungsausgleichsverfahren bis zum 31.8.2009 eingeleitet worden ist und die Entscheidung hierüber bis zum 31.8.2010 erfolgte, galt insoweit das bisherige Recht weiter (§ 48 Abs. 1 und 3 VersAusglG, vgl. auch Rz. 3).
In den folgenden Abschnitten wird nur noch auf die (neuen) ab 1.9.2009 geltenden Vorschriften Bezug genommen (zur alten Rechtslage vgl. Vorauflage und GRA der DRV zu § 76 SGB VI, Stand: 22.3.2023), soweit nicht die alte Rechtslage auch maßgeblich für die Auslegung des neuen Rechts ist.
Rz. 14
Einzige Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Zuschlages oder Abschlag an Entgeltpunkten ist ein durchgeführter Versorgungsausgleich, der entweder zugunsten oder zulasten des Versicherten durchgeführt werden kann. Ein Versorgungsausgleich führt dann je nach Ergebnis zu einem Zuschlag an Entgeltpunkten nach Abs. 2 oder zu einem Abschlag an Entgeltpunkten nach Abs. 3.
2.1.1 Versorgungsausgleich
Rz. 15
Der Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, findet zwischen den geschiedenen Ehegatten nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes statt. Das ordnet § 1587 BGB ausdrücklich an. Grundregeln über die auszugleichenden Anrechte finden sich daher in §§ 1 bis 3 VersAusglG; der Wertausgleich bei der Scheidung richtet sich insbesondere nach § 10 VersAusglG (Interne Teilung), § 14 VersAusglG (Externe Teilung) und § 16 VersAusglG (Externe Teilung von Anrechten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis).
2.1.2 Wirksamkeit des Versorgungsausgleichs
Rz. 16
Abs. 1 gibt auch den Zeitpunkt vor, zu dem einen Zuschlag oder Abschlag an Entgeltpunkten frühestens Berücksichtigung finden kann. Das Gesetz knüpft insoweit an die Durchführung des Versorgungsausgleichs an. Erst wenn der Versorgungsausgleich i. S. d. Gesetzes durchgeführt ist, tritt dessen Wirksamkeit ein.
Rz. 17
Der Begriff "durchgeführt" wird durch § 52 Abs. 1 Satz 3 näher definiert. Durchgeführt ist danach ein Versorgungsausgleich, wenn die Entscheidung des Familiengerichts wirksam ist. Entscheidungen, die den Versorgungsausgleich betreffen, werden erst mit Rechtskraft wirksam. Das ergibt sich ausdrücklich aus § 224 Abs. 1 FamFG (vgl. zur neuen Rechtslage nach dem VersAusglG: BSG, Urteil v. 11.2.2015, B 13 R 9/14 R, Rz. 26). Für den Zeitpunkt, ab dem die durch einen Versorgungsausgleich eingetretenen neuen Verhältnisse in Form eines Rentenzuschlags zu berücksichtigen sind, kommt es daher auf den Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich an. Nicht maßgeblich ist § 226 Abs. 4 FamFG also der Zeitpunkt der Antragstellung auf Änderung des Versorgungsausgleichs. Bereits unter der alten Rechtslage hatte das BSG geurteilt, dass maßgeblicher Zeitpunkt, ab dem die durch einen Versorgungsausgleich eingetretenen neuen Verhältnisse in Form eines Rentenzuschlags zu berücksichtigen sind, nur i. S. d. § 53g Abs. 1 FGG in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung der Zeitpunkt der Rechtskraft des Beschlusses über den Versorgungsausgleich sein kann (BSG, Urteil v. 22.4.2008, B 5a R 72/07; mit Anm. von Kieninger, jurisPR-FamR 22/2008 Anm. 5; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 28.10.2016, L 21 R 316/16, sowie nachgehend die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BSG, Beschluss v. 12.3.2018, B 13 R 384/16 B). Es ist auch grundsätzlich unerheblich, aus welchen Gründen es zu einer Verzögerung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich gekommen ist. Eine andere Betrachtung würde dazu führen, dass im Rahmen des Verfahrens der gesetzlichen Rentenversicherung in eine entsprechende Prüfung eingetreten werden müsste, aus welchen und von wem zu vertretenen Gründen es zu einer Verzögerung der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich gekommen ist; dies würde dem Erfordernis nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit über den Zeitpunkt der rechtsgestalteten Wirkung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zuwiderlaufen. Es ist daher für den Beginn der – höheren – Rente unbeachtlich, ob der Ausgleichsberechtigte selbst zur Verzögerung des familiengerichtlichen Verfahrens beigetragen hat oder andere von ihm nicht zu vertretende Umstände hierfür verantwortlich waren. Das wirtschaftliche Risiko einer Verzögerung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich tragen die früheren Ehegatten selbst (vgl. insgesamt BSG, Urteil v. 22.4.2008, B 5a R 72/07 R; in Fortführung zu BSG, Urteil v. 29.1.1991, 4 RA 67/90; so auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 18.12.2014, L 3 R 356/14; instruktiv auch SG Lüneburg, Gerichtsbescheid v. 14.10.2014, S 1 R 360/11).
Rz. 18
Die neuen Rechtslage ab 1.1.2009 hat insoweit auch zu keiner Änderung geführt; § 53g Abs. 1 FGG ist wortgleich in § 224 Abs. 1 FamFG übernommen worden. Durch ...