0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 26 des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) v. 21.3.2001 (BGBl. I S. 385) mit Wirkung zum 1.1.2002 (Art. 12 Abs. 1 AVmEG) in das SGB VI eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Der Regelungsinhalt der Vorschrift wurde wegen der Einführung eines kindbezogenen Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten bei Berechnung von Witwenrenten/Witwerrenten (§ 78a) erforderlich. Durch § 88a wird verhindert, dass der Monatsbetrag einer Witwenrente/Witwerrente unter Berücksichtigung des Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten gemäß § 78a den Monatsbetrag einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder einer Vollrente wegen Alters des verstorbenen Versicherten überschreitet.
2 Rechtspraxis
Rz. 2
Nach dem bis zum 31.12.2001 maßgebenden Hinterbliebenenrentenrecht wurde eine Witwenrente/Witwerrente ausschließlich unter Berücksichtigung der vom verstorbenen Versicherten erworbenen persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1) berechnet; sie betrug bei Berechnung einer großen Witwenrente/Witwerrente im Ergebnis 60 % der vollen Versichertenrente. Der Versorgungssatz von 60 % wurde über den Rentenartfaktor von 0,6 in der allgemeinen Rentenversicherung und 0,8 in der knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 67 Nr. 6, § 82 Satz 1 Nr. 7 i. d. F. bis 31.12.2001) gesteuert.
Mit Wirkung zum 1.1.2002 wurde der Versorgungssatz für große Witwenrenten/Witwerrenten von 60 % auf 55 % gesenkt (§ 67 Nr. 6, § 82 Satz 1 Nr. 7). Zum Ausgleich der Absenkung des Versorgungssatzes wurde für Witwen/Witwer, denen Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die ersten 3 Lebensjahre von Kindern zuzuordnen sind, gemäß § 78a ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten eingeführt.
Eine Absenkung des Versorgungssatzes für große Witwenrenten/Witwerrenten von 60 % auf 55 % findet übergangsweise nicht statt, wenn der versicherte Ehegatte vor dem 1.1.2002 gestorben ist oder wenn die Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 2.1.1962 geboren ist (Vertrauensschutz gemäß § 255 Abs. 1, § 265 Abs. 7). Die nach § 255 Abs. 1, § 265 Abs. 7 bei der Berechnung von großen Witwenrenten/Witwerrenten zu berücksichtigenden höheren Rentenartfaktoren sind auch maßgebend, wenn vor dem 1.1.2002 eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem LPartG begründet wurde und mindestens einer der Lebenspartner vor dem 2.1.1962 geboren ist. In den Fällen des Vertrauensschutzes der §§ 255 Abs. 1, 265 Abs. 7 ist gemäß § 264c Abs. 2 allerdings kein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Witwenrenten/Witwerrenten gemäß § 78a zu ermitteln.
Gemäß § 78a Abs. 1 erhalten Witwen/Witwer mit Wirkung zum 1.1.2002 einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten, wenn ihnen Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die ersten 3 Lebensjahre von Kindern zuzuordnen sind (sog. Kinderkomponente). Die Höhe des Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten bei Witwenrenten/Witwerrenten richtet sich gemäß § 78a Abs. 1 Satz 1 nach der Dauer der Erziehung von Kindern bis zur Vollendung ihres 3. Lebensjahres. Hierbei ergibt sich für den hinterbliebenen Ehegatten/Lebenspartner nur dann ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten, wenn ihm in den ersten 3 Lebensjahren des Kindes auch Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zuzuordnen sind (§ 57, § 56 Abs. 2).
Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten beträgt für die ersten 36 Kalendermonate mit anrechenbaren Berücksichtigungszeiten 0,1010 persönliche Entgeltpunkte je Kalendermonat, für jeden weiteren Kalendermonat (bei Erziehung mehrerer Kinder in deren ersten 3 Lebensjahren) beträgt der Zuschlag 0,0505 persönliche Entgeltpunkte. In den ersten 3 Kalendermonaten nach Ablauf des Monats, in dem der versicherte Ehegatte/Lebenspartner gestorben ist (sog. Sterbevierteljahr), ist ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten allerdings nicht zu berücksichtigen (§ 78a Abs. 1 Satz 4). Wegen der Voraussetzungen sowie der Berechnung der Höhe des Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten wird im Übrigen auf die Komm. zu § 78a, § 264c Abs. 2 verwiesen.
Rz. 3
Bei Erziehung mehrerer Kinder, für die dem hinterbliebenen Ehegatten/Lebenspartner Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zuzuordnen sind, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass die monatliche Witwenrente/Witwerrente unter Berücksichtigung des Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten (§ 78a) die Höhe der vollen Versichertenrente des verstorbenen Ehegatten/Lebenspartners übersteigt. Dieses vom Gesetzgeber nicht erwünschte Ergebnis soll durch den Regelungsinhalt des § 88a vermieden werden. Nach der Vorschrift ist der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten (§ 78a) zu verringern, soweit der Monatsbetrag der Witwenrente/Witwerrente den Monatsbetrag der Rente wegen voller Erwerbsminderung oder der Vollrente wegen Alters des verstorbenen Versicherten übersteigt. Soweit ein Verstorbener bereits eine Vollrente wegen Alters bezogen hat, bildet der Monatsbetrag dieser Rente den Höchstbetrag für die Witwenrente/Witwerrente und damit die Grundlage für die Anwendung des § 88a; in all...