1.1 Regelungszweck

 

Rz. 2

Sinn und Zweck des § 93 bestehen in einer Begrenzung der Höhe einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Renten aus eigener Versicherung und Hinterbliebenenrenten), soweit diese mit einer Rente (Verletztenrenten und Hinterbliebenenrenten) aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusammentrifft: Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird insoweit (ganz oder teilweise) nicht geleistet, als die Summe beider Renten einen bestimmten Grenzbetrag (vgl. hierzu unten Rz. 9) übersteigt. D.h., die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wird immer voll geleistet, während die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Falle der Anwendung der Anrechnungsvorschrift des § 93 teilweise oder gar nicht zur Auszahlung gelangt. Die Begründung hierfür findet sich in der identischen Zielsetzung der zusammentreffenden Renten, die darin besteht, zuvor bezogenes Arbeitsentgelt bzw. im Fall des Todes des Versicherten zuvor von diesem erbrachte Unterhaltsleistungen zu ersetzen (Lohnersatz- bzw. Unterhaltsersatzfunktion, vgl. hierzu Gitter, in: Festschrift für Krasney, S. 175), auch wenn die Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung neben ihrer Lohnersatzfunktion maßgeblich vom Prinzip der Entschädigung geprägt sind. Zum Ausgleich des durch die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung (auch) abzugeltenden immateriellen Schadens wird bei Schwerverletzten ein vom Grad der unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) abhängender Teil der Verletztenrente bei der Rentenanrechnung nicht berücksichtigt, indem dieser bei der Ermittlung des Grenzbetrages nach Abs. 3 nicht in Ansatz gebracht wird (vgl. hierzu Rz. 9).

1.2 Überblick

 

Rz. 3

§ 93 erfasst die ab dem 1.1.1992 eintretenden Fälle des Zusammentreffens von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung. Für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die schon vor dem Inkrafttreten des § 93 zum 1.1.1992 mit Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusammentrafen, gewährleisten die Übergangs- und Vertrauensschutzvorschriften der §§ 266, 311, 312, dass die bis zum 31.12.1991 geltenden (günstigeren) Grenzbeträge auch weiterhin Anwendung finden, und zwar auch dann, wenn die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach diesem Zeitpunkt – also bereits während der Geltung des § 93 – neu festgestellt und nahtlos fortgewährt wird oder sich an diese Rente eine andere Rente (z. B. im Anschluss an eine Rente aus eigener Versicherung eine Hinterbliebenenrente) unmittelbar anschließt, soweit der nach § 93 zu ermittelnde Grenzbetrag niedriger und damit für den Berechtigten ungünstiger ist (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu §§ 266, 311, 312; ebenso BSG, Urteil v. 23.5.2006, B 13 RJ 16/05 R; vgl. auch Rz. 18).

Abs. 1 ordnet an, dass im Fall des Zusammentreffens, d. h. bei Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung für denselben Zeitraum, die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ruht ("... wird nicht geleistet ..."), soweit die unter Anwendung von Abs. 2 zu bestimmende Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge den sich aus Abs. 3 ergebenden Grenzbetrag übersteigt. Abs. 4 führt ähnlich gelagerte Fallgestaltungen auf, die ebenfalls nach Maßgabe der Abs. 1 bis 3 behandelt werden. Abs. 5 schließlich bestimmt die Voraussetzungen, unter denen (ausnahmsweise) die Renten aus der Unfall- und Rentenversicherung ungekürzt nebeneinander gewährt werden.

Die Anrechnung einer Verletztenrente oder Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ist unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Doppelversorgung durch funktionsgleiche Leistungen verfassungsgemäß, insbesondre mit Art. 14 GG vereinbar (vgl. BVerfG, Beschluss v. 19.7.1984, 1 BvR 1614/83; BSG, Urteil v. 31.3.1998, B 4 RA 59/96 R; Urteil v. 31.3.1998, B 4 RA 49/96 R, jeweils m. w. N.). Die Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch dann nicht verfassungswidrig, wenn Letztere (teilweise) auf freiwilligen Beiträgen beruht, die durch die Anordnung der Nichtleistung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 in der Höhe des (geminderten) Zahlbetrages der Rente nicht mehr ihren am Äquivalenzprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung orientierten Niederschlag finden. In einem derartigen Fall besteht selbst dann kein Anspruch auf Rückzahlung der "nutzlos" aufgewendeten freiwilligen Beiträge, wenn der Rentenversicherungsträger den Versicherten vor Beitragsentrichtung pflichtwidrig nicht auf die Anrechnungsregelung des § 93 hingewiesen hat (BSG, Urteil v. 27.8.2009, B 13 R 14/09 R).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge