Rz. 30
Nach der bis zum 30.6.2017 geltenden Rechtslage war der monatliche Hinzuverdienst von Beginn an auf die monatliche Rente anzurechnen (vgl. Rz. 8), ohne dass der Verdienst immer rechtzeitig mit der gebotenen Genauigkeit zu ermitteln war, wie z. B. bei häufig schwankenden Einkünften, im Falle von Nachzahlungen oder beim Einkommen Selbstständiger. Bei rechtserheblich unrichtig auf die Rente angerechnetem Hinzuverdienst – z. B. weil sich der Hinzuverdienst nach Beginn der Rente geändert hatte, ohne dass dies rechtzeitig bekannt gegeben und berücksichtigt wurde, oder weil der Hinzuverdienst von Beginn an in unzutreffender Höhe angerechnet worden war – war der Rentenbewilligungsbescheid i. d. R. nach Maßgabe der §§ 45, 48 SGB X aufzuheben und zu Unrecht nicht geleistete Rente nachzuzahlen oder rechtswidrig zu viel gezahlte Rente nach § 50 SGB X von dem Rentner zu erstatten.
Rz. 31
Durch § 34 Abs. 3c bis 3g i. d. F. des insoweit zum 1.7.2017 in Kraft getretenen Flexirentengesetzes, der gemäß § 96a Abs. 5 bei der Berücksichtigung von Hinzuverdienst bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sinngemäß anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber vom alten Recht grundlegend abweichende Verfahrensregelungen zur Bestimmung des Hinzuverdienstes und seiner nachträglichen Korrektur verabschiedet.
Rz. 32
Die Rentenversicherungsträger haben zunächst den voraussichtlichen kalenderjährlichen Hinzuverdienst auf der Grundlage von Lohnabrechnungen, Arbeitgeberbescheinigungen, Steuerbescheiden, Auskünften von Steuerberatern und ähnlichen Unterlagen im Sinne einer Prognose festzustellen (§ 34 Abs. 3c Satz 1). Kommt der Rentner seinen Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten zur Bestimmung des voraussichtlichen Hinzuverdienstes nicht oder nicht in ausreichendem Umfang nach, sind die Rentenversicherungsträger berechtigt, die Höhe des voraussichtlichen Hinzuverdienstes zu schätzen (vgl. BT-Drs.18/9787 S. 39). Sind Änderungen der Einkünfte im Vergleich zum Vorjahr gegeben, ist jeweils zum 1. Juli ein neuer voraussichtlicher Hinzuverdienst zu bestimmen, wenn sich durch den geänderten Hinzuverdienst voraussichtlich auch die Höhe der Rentenzahlung ändert (§ 34 Abs. 3c Satz 2). Weicht der voraussichtliche Hinzuverdienst von dem bislang prognostizierten Hinzuverdienst um mindestens 10 % ab, ist die Änderung auf Antrag zu berücksichtigen (§ 34 Abs. 3e). Im Falle der rückwirkenden Rentenbewilligung ist der tatsächlich erzielte Hinzuverdienst in Ansatz zu bringen.
Rz. 33
Die Prognose des Rentenversicherungsträgers ist zum 1. Juli des Folgejahres zu überprüfen. Dabei ist der tatsächlich in der Vergangenheit erzielte Hinzuverdienst zu ermitteln. Ergeben sich hieraus Abweichungen vom prognostizierten Hinzuverdienst, ist der alte Rentenbescheid insoweit aufzuheben und ein neuer Rentenbescheid unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Hinzuverdienstes zu erteilen, wenn sich durch die Berücksichtigung des tatsächlichen Hinzuverdienstes eine geänderter Rentenhöhe ergibt (§ 34 Abs. 3f). Wurde neben der Rente durch Einkommensteuerbescheid nachzuweisendes Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV erzielt, findet die Überprüfung der Prognose erst statt, wenn der Einkommensteuerbescheid vorliegt (§ 34 Abs. 3d Satz 3). Werden aufgrund der Berücksichtigung des tatsächlichen Hinzuverdienstes Rentenüberzahlungen festgestellt, sind diese vom Rentner zu erstatten. Bei Feststellung eines Anspruchs auf höhere Rente ist die Rente nachzuzahlen. Die Vorschriften zur Anhörung Beteiligter (§ 24 SGB X) sowie die §§ 45 und 48 SGB X finden nach § 34 Abs. 3 Satz 3 im Rahmen der Überprüfung der Prognose und Korrektur des auf der Prognose beruhenden Rentenbescheides keine Anwendung (vgl. zu weiteren Einzelheiten der vorgenannten Verfahrensbestimmungen die Komm. zu § 34 Abs. 4 Rz. 19 ff.; ebenso Stosberg, RVaktuell 2017 S. 7, sowie Rolfs, NZS 2017 S. 164).