2.1 Leistungsträger

 

Rz. 3

Der Begriff der Leistungsträger ergibt sich aus § 12 SGB I. Hierzu gehören die in den §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden. Die Rentenversicherungsträger sind nur dann als Leistungsträger i. S. dieser Vorschrift anzusehen, soweit es sich um die vorläufige Durchführung von Leistungen zur Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben handelt, wenn also ein anderer Leistungsträger (z. B. das Versorgungsamt oder die Berufsgenossenschaft) zuständig ist.

§ 102 findet nur bei Ansprüchen zwischen gleichrangig verpflichteten Sozialleistungsträgern Anwendung (BSG, Urteil v. 27.6.1985, SozR-2200 § 182b Nr. 32; Urteil v. 14.9.1994, SozR 3-2500 § 33 Nr. 11; Urteil v. 1.7.2003, B1 KR 13/02 R).

2.2 Aufgrund gesetzlicher Vorschriften

 

Rz. 4

Der erstattungsberechtigte Leistungsträger muss zur Erbringung einer vorläufigen Sozialleistung gesetzlich verpflichtet sein. Eine vorläufige Leistung ist eine Leistung, die im Hinblick auf einen Sozialleistungsanspruch, von dem nur noch nicht feststeht, gegen welchen Leistungsträger er sich richtet, ungeachtet der Zuständigkeit und unter der Voraussetzung der späteren Anrechnung vorab erbracht worden ist.

 

Rz. 5

Die Vorleistungspflicht für die Anwendung des § 102 ergibt sich z. B. aus § 43 Abs. 1 SGB I, bei Leistungen für den Unfallversicherungsträger, bei Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen für die Rentenversicherungsträger bzw. für die Bundesagentur für Arbeit, bei Eingliederungshilfe oder Tuberkulosehilfe für den Träger der Sozialhilfe.

 

Rz. 6

Die Vorschusszahlung nach § 42 SGB I stellt keine vorläufige Leistung dar, weil hier ein zur Leistung Verpflichteter selbst vor der eigentlichen ihm obliegenden Leistung, aber in Anrechnung auf sie leistet. § 102 setzt jedoch voraus, dass der Leistungsträger für einen anderen handelt.

Für den Bereich der Zahlung von Rentenleistungen ist § 102 ohne Bedeutung, da keine gesetzliche Verpflichtung besteht, wonach ein anderer als ein Rentenversicherungsträger vorläufig eine Rente zu zahlen hat.

Auch Fälle von Rentenzahlungen aufgrund ungeklärter Zuständigkeit nach § 126 SGB VI werden von dieser Vorschrift nicht erfasst.

Der erstattungsberechtigte Leistungsträger muss zur Erbringung einer vorläufigen Sozialleistung gesetzlich verpflichtet gewesen sein. Er leistet nach den Rechtsvorschriften seines Bereichs.

Die Vorleistungspflicht für die Anwendung des § 102 ergibt sich z. B. aus § 43 Abs. 1 SGB I, § 23 SGB III und § 139 Abs. 1 SGB VII.

2.3 Sozialleistungen

 

Rz. 7

§ 11 SGB I stellt klar, welche Leistungsarten unter dem Begriff "Sozialleistungen" zu verstehen sind. Danach fallen Dienst-, Sach- und Geldleistungen hierunter.

2.3.1 Zeitliche Kongruenz

 

Rz. 7a

Im Recht der Erstattungsansprüche gilt das Prinzip der zeitlichen Kongruenz. Ein Erstattungsanspruch besteht nur insoweit, als sich die Leistungen des erstattungsberechtigten und des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers zeitlich überlagern. Für Zeiträume, in denen der erstattungsberechtigte Träger Leistungen nicht erbracht hat, entfällt eine Erstattung.

 

Rz. 7b

Der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz erfordert eine kalendermonatlich getrennt vorzunehmende Gegenüberstellung beider Leistungen. Eine summarische Gegenüberstellung der im Erstattungszeitraum insgesamt erbrachten Leistungen ist unzulässig. Bei Leistungen für Teilkalendermonate ist eine kalendertägliche Gegenüberstellung vorzunehmen.

 

Rz. 7c

Ausnahmen bestehen lediglich bei Erstattungsansprüchen der Rentenversicherungsträger in Fällen des § 96a SGB VI und bei Erstattungsansprüchen des Sozialhilfeträgers nach § 104 hinsichtlich der Rente für den Todesmonat sowie bei Zusammentreffen von einmaligen Sozialleistungen mit Renten bzw. Übergangsgeld.

2.3.2 Personenidentität

 

Rz. 7d

Ein Erstattungsanspruch setzt grundsätzlich Personenidentität voraus. Bei dem dem vorrangigen Leistungsträger gegenüber Berechtigten und dem Empfänger der Leistung des erstattungsberechtigten Trägers muss es sich daher um ein und dieselbe Person handeln. Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich bei Erstattungsansprüchen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und bei Erstattungsansprüchen nach § 104.

2.4 Umfang des Erstattungsanspruchs

 

Rz. 8

§ 102 schreibt vor, dass sich der Umfang des Erstattungsanspruchs, den der in Vorlage getretene Leistungsträger hat, nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften bemisst. Der vorleistende Leistungsträger soll eine volle Erstattung der von ihm "verauslagten" und für Rechnung des endgültig zuständigen Leistungsträgers erbrachten Leistung erhalten. Diesem Erstattungsumfang liegt der Gedanke zugrunde, dass der vorläufig leistende Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften eigentlich gegen seinen Willen zur "Vorleistung" gezwungen worden ist (vgl. Begründung zu § 108 in BT-Drs. 9/95). Stellt sich später heraus, wer der für die (endgültige) Leistung zuständige Leistungsträger ist, soll der vorleistende Leistungsträger durch den Erstattungsanspruch rückwirkend so gestellt werden, als ob er nichts zu leisten gehabt hätte. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der letztlich verpflichtete Leistungsträger aufgrund der für ihn maß...

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