Rz. 6
Beim Zusammentreffen mehrerer gleichrangiger Erstattungsansprüche nach § 104 ist die Forderung desjenigen Leistungsträgers zu befriedigen, der im Verhältnis der nachrangigen Leistungsträger untereinander einen Erstattungsanspruch hätte (§ 106 Abs. 2 Satz 2).
In diesen Fällen muss festgestellt werden, welche Rangfolge innerhalb der nachrangig verpflichteten Leistungsträger besteht. Da die nach § 104 zu erstattenden Leistungen regelmäßig von der allgemeinen Einkommens- und Vermögenslage abhängig sind, kommt es für die Beurteilung dieser Frage darauf an, welcher nachrangig verpflichtete Leistungsträger aufgrund der für ihn geltenden Vorschriften die Leistung des anderen nachrangigen Leistungsträgers als Einkommen zu berücksichtigen hat.
Maßgebend für die ranginterne Rangfolge ist also das "Vorrang-Nachrang-Verhältnis" der nach § 104 erstattungsberechtigten Leistungsträger untereinander. Von allen subsidiär zur Leistung verpflichteten (und deshalb nach § 104 erstattungsberechtigten) Trägern soll immer derjenige zuerst befriedigt werden, dessen Leistungsverpflichtung nach den gesetzlichen Regelungen die "subsidiärste", also nachrangigste ist.
Besteht Zweifel bzw. Unklarheit hinsichtlich der Rangfolge, ist dies durch Rückfrage bei den erstattungsberechtigten Leistungsträgern zu klären. Von Bedeutung ist, ob einer der Leistungsträger die Leistung des anderen Trägers bei der Feststellung seiner Leistung zu berücksichtigen hat. Stellt sich heraus, dass einer der beiden nachrangigen Leistungsträger seine Leistung bereits unter Anrechnung der Leistung des anderen Trägers erbracht hat und auch bei rechtzeitiger Rentenbewilligung hätte weiter erbringen müssen, liegt ein so genannter Aufzahlungsfall und nicht ein Anwendungsfall des Abs. 2 Satz 2 vor.
Wurde Arbeitslosengeld II von der Agentur für Arbeit und dem kommunalen Träger in zweigeteilter Zuständigkeit erbracht, so mindert die Rente oder das Übergangsgeld zunächst die Leistung der Agentur für Arbeit und danach ggf. die Leistung des kommunalen Trägers (§ 19 Satz 2 SGB II). Reicht in diesen Fällen die Renten- oder Übergangsgeldnachzahlung zur Befriedigung beider Erstattungsansprüche nicht aus, ist vorrangig die Agentur für Arbeit zu bedienen.
Rz. 7
Aufzahlungsfälle:
Normzweck der Erstattungsvorschriften ist es, die erstattungsberechtigte Stelle letztlich so zu stellen, wie sie stünde, wenn die erstattungsverpflichtende Stelle ihre funktionsgleiche Leistung rechtzeitig zum Fälligkeitszeitpunkt erbracht hätte. Ein Erstattungsanspruch nach § 104 setzt daher u. a. voraus, dass der nachrangig verpflichtete Leistungsträger bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers nicht oder nicht in diesem Umfang zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers besteht deshalb insoweit nicht, als er selbst bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte leisten müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 2 und 3).
Dies gilt z. B. dann, wenn die Rente mit mehreren nachrangigen Sozialleistungen zusammentrifft und einer der nachrangigen Leistungsträger seine Leistung unter Anrechnung der anderen Sozialleistung erbracht hat und auch bei rechtzeitiger Rentenbewilligung hätte weiter erbringen müssen. Für die Anwendung der Rangfolgeregelung des Abs. 2 Satz 2 bleibt dann kein Raum.
Solche Aufzahlungsfälle konnten bei Erstattungszeiträumen bis 31.12.2004 insbesondere bei gleichzeitigem Bezug von Sozialhilfe oder Grundsicherung und Arbeitslosenhilfe auftreten. In diesen Fällen hatte der Sozialhilfeträger in aller Regel Aufzahlungen auf die Arbeitslosenhilfe geleistet. Wurden vom Sozialhilfeträger über die angerechnete Arbeitslosenhilfe hinaus Leistungen erbracht, blieb er trotz Leistung des vorrangig verpflichteten Arbeitsamtes zur Leistung verpflichtet. Er hatte nach § 104 Abs. 1 Satz 3 in Höhe des Erstattungsanspruchs der Bundesagentur für Arbeit keinen Erstattungsanspruch. Ein Fall des § 106 Abs. 2 lag nicht vor. Von der aufgelaufenen Rente konnte der Sozialhilfeträger nichts erhalten, wenn die monatliche Rente niedriger war als die Arbeitslosenhilfe.