Rz. 5
Der Bedienstete hat den Behördenleiter oder den von diesem Beauftragten selbst zu unterrichten, wenn ihm Gründe für eine Befangenheit bewusst werden bzw. wenn einer der Beteiligten i. S. d. § 12 solche Gründe während des Verwaltungsverfahrens (vgl. § 8) behauptet. Er muss dann die Entscheidung seines Behördenleiters bzw. des organisationsrechtlich Beauftragten abwarten und kann sich nicht selbst von der Mitwirkung am Verwaltungsverfahren ausschließen. Wenn der Behördenleiter abwesend oder verhindert ist und kein Beauftragter vorhanden ist, hat sich der Bedienstete an den allgemeinen Vertreter des Behördenleiters zu wenden. Die Unterrichtungspflicht besteht schon vor dem Tätigwerden, wenn die Besorgnis der Befangenheit vor Aufnahme der Verwaltungstätigkeit angenommen oder behauptet wird. Unterlässt der Amtsträger die Unterrichtung des Behördenleiters, so ist dies nicht mit einem subjektiven Ablehnungsrecht des die Besorgnis der Befangenheit Äußernden verbunden; hieraus kann allenfalls die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes wegen § 42 folgen (BSG, Urteil v. 22.9.2009, B 4 AS 13/09 R, BSGE 104 S. 185 = SozR 4-4200 § 15 Nr. 11).
Im Gegensatz zu den Ausschlussgründen des § 16 bewirkt die begründete Besorgnis der Befangenheit nicht automatisch den Ausschluss des betreffenden Bediensteten. Dieser tritt erst als Folge einer entsprechenden Anordnung des Behördenleiters oder seines Beauftragten ein.
Der Behördenleiter muss ein Verbot aussprechen, wenn er einen Grund, der die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt, für gegeben erachtet; ein eigener Beurteilungsspielraum steht ihm dabei nicht zu. Die Anordnung stellt keinen Verwaltungsakt dar und kann weder vom Behördenbediensteten noch von den Beteiligten angefochten werden. Der Ausschluss von der Mitwirkung wird wirksam, wenn er dem Bediensteten mitgeteilt worden ist. Die Entscheidung über die weitere Mitwirkung kann nur im Rahmen der Anfechtung der Sachentscheidung überprüft werden (BSG, Urteil v. 22.9.2009, a. a. O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 16.2.2012, L 19 AS 91/12 B). § 17 gibt dem Beteiligten kein subjektives Ablehnungsrecht gegenüber dem jeweiligen Sachbearbeiter (vgl. BayVGH, Beschluss v. 17.6.2015, 12 C 15.979).
Soweit die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde betrifft (vgl. Abs. 1 Satz 2), weil er das Verfahren selbst bearbeitet, hat die Entscheidung, wenn sich der Behördenleiter nicht aus eigener Entschließung der Mitwirkung enthält, die zuständige Fach- oder Rechtsaufsichtsbehörde zu treffen, bei den Geschäftsführern der Sozialversicherungsträger (z. B. Berufsgenossenschaften und Rentenversicherungsträger) und beim Präsidenten der Bundesagentur für Arbeit der jeweilige Vorstand als das dafür kompetente Selbstverwaltungsorgan und bei den Vorstandsvorsitzenden im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung der Verwaltungsrat als zuständiges Selbstverwaltungsorgan, auch wenn es in Abs. 1 Satz 3 nicht geregelt ist.
Wird der Behördenleiter trotz Besorgnis der Befangenheit weiter tätig, führt sein Verwaltungshandeln, wie in den übrigen Fällen der Verletzung des § 17, nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungshandelns, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit im Rahmen der Hauptsache.