2.1 Nebenbestimmungen bei gebundenen Verwaltungsakten (Abs. 1)
Rz. 4
Durch eine Nebenbestimmung wird nicht der VA insgesamt betroffen, sondern lediglich der Verfügungssatz und der damit eingeräumte Rechtsanspruch oder die angeordnete Rechtspflicht relativiert, indem die Rechtswirkungen (Rechtsfolgen) des VA entweder erst später beginnen oder zu einem bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt enden. Insoweit wird letztlich keine "neben" den VA tretende Bestimmung getroffen, sondern der VA selbst wird inhaltlich in seinem Verfügungssatz beschränkt. Lediglich die Auflage oder der Auflagenvorbehalt stellen eine eigenständige Regelung neben dem Verfügungssatz des VA dar. Daher wird die Rechtsbehelfsfrist auch hinsichtlich des Inhalts der Auflage oder des Auflagenvorbehalts schon durch den Zugang des Bescheides selbst ausgelöst und der Bescheid mit dem darin verfügten Inhalt wird bestandskräftig, auch wenn er erst später Rechtswirkungen entfaltet. Es ist nicht erforderlich, dass die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen ausdrücklich in den entsprechenden Normen benannt wird. Wegen des Vorbehalts des Gesetzes sind jedoch strenge Anforderungen an eine konkludente Zulassung zu stellen. Es muss sich aus dem Gesetz ergeben, dass die Behörde jederzeit die Möglichkeit haben soll, eine den jeweiligen Gegebenheiten entsprechende Regelung zu treffen und dass dem Begünstigten insoweit ein Vertrauensschutz nicht zustehen soll (BSG SozR 3-3870 § 54 Nr. 1; Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 32 Rz. 9 m. w. N.).
Rz. 5
Die ausdrücklich gesetzlich zugelassene Beifügung einer Nebenbestimmung zu einem VA ist für Sozialleistungen äußerst selten. Für die meisten Sozialleistungsansprüche gegenüber den Versicherungsträgern sind gesetzliche Nebenbestimmungen dem Grunde nach nicht vorgesehen. "Zugelassene" Nebenbestimmungen werden auch darin gesehen, dass schon die Anspruchsnorm (z. B. § 102 SGB VI) nur einen zeitlich befristeten oder bedingten Anspruch gewährt. Hier besteht dann aber richtigerweise schon nur ein bedingter oder befristeter Anspruch als gebundene Entscheidung. Die ausdrückliche Übernahme der gesetzlichen Regelung in den Verfügungssatz des VA führt daher zu einer schon kraft Gesetzes vorgesehenen Beschränkung des VA, die eine spätere ausdrückliche Aufhebung entbehrlich macht (z. B. die Befristung einer Erwerbsminderungsrente bewirkt, dass die Rentengewährung ohne Aufhebung mit Fristablauf endet).
Rz. 6
Die gesetzlich vorgesehene Zulässigkeit von Nebenbestimmungen befindet sich dagegen typischerweise in Vorschriften über Zulassungen, Ermächtigungen und Erlaubnisse, die zumeist selbst Widerrufsvorbehalte enthalten (z. B. § 124 Abs. 6, § 126 Abs. 4 SGB V), wenn die Zulassungsvoraussetzungen entfallen. Erfolgt eine solche Zulassung wegen besonderer Bedarfslagen, kann ihr als Nebenbestimmung die (auflösende) Bedingung des Wegfalls der Bedarfslage beigefügt werden (z. B. § 116 SGB V), denn diese dient dann der Sicherstellung der gesetzlichen Voraussetzungen. Es ist auch möglich, einen VA mit mehreren Nebenstimmungen zu versehen. Jedoch darf das nicht dazu führen, dass für den Betroffenen nicht mehr nachvollziehbar ist, welche Rechtsfolgen wann eintreten können (BSG, SozR 1300 § 32 Nr. 2).
Rz. 7
Einen besonderen Fall bildet der Vorbehalt der sachlich-rechnerischen Überprüfung in Honorarbescheiden. Aus den Vorschriften des auf § 82 SGB V zurückgehenden Bundesmantelvertrags und der darin (§ 45 BMV-Ä) enthaltenen Befugnis der sachlich-rechnerischen Prüfung der Abrechnung ärztlicher Leistungen ergibt sich (BSG, Urteil v. 31.10.2001, B 6 KA 16/00 R, BSGE 89 S. 62), dass die VA über die Höhe der Honorare unter dem generellen Vorbehalt späterer Überprüfung ergingen und damit als vorläufige Regelungen bei der teilweisen Aufhebung nicht dem Vertrauensschutz des § 45 unterliegen. Jedoch ist eine Berichtigung nur innerhalb einer Frist von 4 Jahren möglich; danach besteht Vertrauensschutz. Insoweit sind auch Berichtigungsvorbehalte in Honorarbescheiden möglich und aus Gründen der Bestimmtheit (§ 33) auch die Gründe für den Berichtigungsvorbehalt anzugeben. (vgl. dazu BSG, Urteil v. 26.6.2002, B 6 KA 24/01 R, SGb 2002 S. 555, Sodan, NZS 2003 S. 57, 130 m. w. N.).
Rz. 8
Die Beifügung einer Nebenbestimmung, die die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des VA sicherstellen soll, ist bei gebundenen Entscheidungen immer zulässig, auch ohne spezialgesetzliche Ermächtigung. Hierbei kann es sich nur um Nebenbestimmungen handeln, die auch die künftige Erfüllung der Voraussetzungen für den VA sicherstellen sollen. Dieses wird man dann als zulässig ansehen müssen, wenn schon der gebundene Anspruch auf einen VA mit Dauerwirkung vom Bestand und Fortbestand materieller Leistungsvoraussetzungen abhängt (bei Krankengeld z. B. die Arbeitsunfähigkeit) oder der Anspruch an sich schon nur zeitlich begrenzt besteht. Solche Nebenbestimmungen laufen auch nicht dem Zweck des VA zuwider (Abs. 3), sondern beschränken ihn auf den ohnehin gesetzlich vorgesehenen Inhalt. Die ausdrückliche und klare Formulierung als Bedingung oder Be fristun...