Rz. 12
Die Belehrung hat in schriftlicher Form zu erfolgen. Sie muss aber nicht mit dem schriftlichen oder elektronischen Bescheid verbunden sein, sondern kann auch als separate Anlage beigefügt sein. Sie kann auch nachgeholt werden, allerdings mit dementsprechend auch erst später beginnenden Fristen. Eine nachgeholte Rechtsbehelfsbelehrung muss jedoch unzweideutig den Bescheid kennzeichnen, für den sie gelten soll. Eine Nachholung der richtigen Rechtsbehelfsbelehrung ist immer dann angezeigt, wenn diese zuvor unterlassen worden oder unrichtig war. Hingegen ist es nicht zulässig, auf die vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung einvernehmlich zu verzichten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.8.2013, L 1 KR 120/12). Jedoch stellt sich dann die Frage, ob von einem Beteiligten, der "verzichtet" hat, der Mangel der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung noch unter Berücksichtigung von § 242 BGB gerügt werden kann.
Rz. 13
Die Schriftform der Rechtsbehelfsbelehrung ist nun ebenfalls ausdrücklich in Satz 2 bestimmt worden.
Rz. 14
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist gemäß § 19 Abs. 1 in deutscher Sprache abzufassen, auch gegenüber einem Ausländer, der keinen Anspruch auf Rechtsmittelbelehrung in seiner Sprache hat (vgl. BVerfG, Urteil v. 7.4.1976, BVerfGE 42 S. 120). Gegebenenfalls kommt aber in diesen Fällen Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Fristversäumung (§ 27) in Betracht.
Rz. 15
Die Rechtsbehelfsbelehrung muss den zutreffenden Rechtsbehelf (Widerspruch) benennen. Lediglich in den Ausnahmefällen des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGG ist über die Klage als zutreffender Rechtsbehelf zu belehren. Nachdem die fakultative Wahlklage nach § 78 Abs. 2 SGG nicht mehr möglich ist, ist ausschließlich ein Rechtsbehelf zu benennen. Auf außerordentliche Rechtsbehelfe (vgl. Rz. 3) oder die Möglichkeit der Wiedereinsetzung muss nicht hingewiesen werden. Auf die Möglichkeit der elektronischen Einlegung des Widerspruchs muss nicht hingewiesen werden (BSG, Urteil v. 14.3.2013, B 13 R 19/12 R). Soweit der Begriff "Bekanntgabe" benutzt wird, ist dies auch dann ausreichend und zulässig, wenn die Bekanntgabe durch eine Zustellung (etwa per Empfangsbekenntnis an einen Rechtsanwalt) erfolgt (BSG, Urteil v. 9.4.2014, B 14 AS 46/13 R).
Rz. 16
Die Behörde, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, ist unter Nennung des Namens und der postfähigen Anschrift anzugeben. Da regelmäßig ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, ist die Widerspruchsbehörde anzugeben. In den Ausnahmefällen gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG ist das zuständige Gericht zu benennen. Auf die Möglichkeit der fristwahrenden Wirkung der Einlegung des Rechtsbehelfs bei (unzuständigen) anderen Behörden oder Stellen oder Gerichten gemäß § 84 Abs. 2, § 91 SGG, Art. 86 VO 1408/71 (EG) muss nicht hingewiesen werden. Wird er, was unschädlich ist, doch vorgenommen, muss er zutreffend sein.
Rz. 17
Sind in SV-Abkommen ausländische Stellen auch als zuständige Stellen für Anträge oder Rechtsbehelfe nach deutschem Recht zugelassen, dann ist auch darüber wie bei der deutschen Behörde (Name und Anschrift) zu belehren. Fehlt diese Belehrung, ist die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig, weil unvollständig (BSG, Urteil v. 10.9.1997, 5 RJ 18/97, NZS 1998 S. 254, zum SV-Abkommen mit Jugoslawien).
Rz. 18
Hinsichtlich der Form des Rechtsbehelfs ist sowohl über die Schriftform als auch die Einlegung zur Niederschrift bei der Behörde als gleichberechtigt nebeneinander zu belehren. Der Widerspruch zur Niederschrift setzt die persönliche Anwesenheit des Widerspruchsführers in der Behörde voraus. Eine darüber hinausgehende Belehrung über Soll-Vorschriften, Begründung, Antrag etc. ist nicht erforderlich. Derartige Ergänzungen in Form von Hinweisen auf eine erforderliche Begründung, auf Abschriften etc. können die Rechtsbehelfsbelehrung sogar unrichtig machen. Eine Pflicht zur Begründung besteht nicht, so dass auch nicht der Eindruck entstehen darf, dies sei erforderlich. Die abweichende Regelung im vertrags(zahn)ärztlichen Zulassungsrecht ist durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz v. 22.12.2006 (BGBl. I S. 3439) aufgehoben worden.
Rz. 19
Die Belehrung muss auch die Frist und den Fristbeginn enthalten mit dem Hinweis, dass innerhalb dieser Frist der Rechtsbehelf einzulegen ist, dieser also der Behörde zugegangen sein muss. Soweit ein Bescheid zugestellt wird , muss in der Rechtsbehelfsbelehrung auf den Zeitpunkt der Zustellung abgestellt werden; es darf dabei durchaus der Begriff der Bekanntgabe verwandt werden (BSG, a. a. O.; anders noch für den Fall einer förmlichen Zustellung BSG, Urteil v. 9.12.2008, B 8/9b SO 13/07 R). Nach § 84 Abs. 1 SGG beträgt diese Frist einen Monat nach Bekanntgabe des VA. Erfolgt die Bekanntgabe im Ausland, beträgt die Frist (seit 2.1.2002, 6. SGG-ÄndG) 3 Monate. Wird eine andere oder längere Frist angegeben, ist die Belehrung unrichtig. In diesen Fällen gilt nicht die falsch angegebene längere Frist für den Rechtsbehelf, sondern die Jahresfrist (BSG, Urteil v. 28.5.1991, 13/5 RJ 48/90, ...