2.1 Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern (Abs. 1)
Rz. 5
Die Heilung von Form- oder Verfahrensfehlern ist nur in den Fällen möglich, in denen der VA nicht schon nach § 40 nichtig ist. Für bestimmte Formmängel wird durch § 40 Abs. 2 Nr. 1 und 2 die Nichtigkeit ausdrücklich bestimmt, während § 40 Abs. 3 andere Mängel ausdrücklich als Nichtigkeitsgründe ausschließt (vgl. Komm. zu § 40). Die Möglichkeit der Heilung der in Abs. 1 Nr. 1 bis 6 genannten Mängel schließt es aus, diese selbst als Nichtigkeitsgründe anzunehmen. Aus verfahrensrechtlichen Gründen kann ein VA daher nur dann nichtig sein, wenn ein schwerwiegender Fehler vorliegt, der in § 41 nicht genannt wird, wie etwa die Mitwirkung eines Mitarbeiters der Behörde, der durch den VA selbst begünstigt wird (§ 16 Abs. 1 Nr. 1). Liegt einer dieser eher seltenen Fälle eines nach § 40 aus verfahrensrechtlichen Gründen nichtigen VA vor, ist eine Heilung nach § 41 nicht möglich. Der nichtige VA kann daher nur durch einen neuen VA ersetzt werden, sofern dies nicht wegen der Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist.
Rz. 6
Der Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts und die mögliche und wirksame Heilung von Verfahrens- und Formfehlern gilt für alle Arten von VA. Bedeutung hat die Heilung allerdings zumeist nur im Rahmen von Anfechtungsklagen, weil ohne ordnungsgemäße Heilung der VA als verfahrensmäßig rechtswidrig aufzuheben wäre. Ist mit der Anfechtungsklage eine Leistungsklage verbunden, kann Letztere dagegen nur Erfolg haben, wenn die materiellen Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruchs erfüllt sind (§ 54 Abs. 4 SGG), was ungeachtet von Verfahrensfehlern eines die Leistung ablehnenden Bescheides durch das Gericht zu prüfen ist. Besondere Bedeutung hat die Frage der wirksamen Nachholung von Verfahrenshandlungen, wenn VA angefochten werden, mit denen eine zuvor bewilligte Leistung herabgesetzt oder entzogen werden soll. In diesen Fällen führt die verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit zur Aufhebung des VA mit der Folge, dass der ursprüngliche VA weiterhin gilt und Anspruchsgrundlage für (auch materiell-rechtlich nicht mehr bestehende) Leistungen bleibt. Die Heilung von Form- oder Verfahrensmängeln soll dem entgegenwirken und die Verfestigung von materiell unrechtmäßigen VA verhindern. Von § 41 unberührt bleibt dagegen die Frage, ob der VA aus materiell-rechtlichen Gründen rechtmäßig ist. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot in § 33 SGB X ist nicht nach § 41 heilbar (Bay. LSG, Urteil v. 10.2.2010, L 13 R 536/08; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26.11.2007, L 7 B 258/07 AS ER).
Rz. 7
Die Möglichkeit der Heilung durch Nachholung wird in Abs. 1 enumerativ beschränkt, wobei der Aufzählung auch die Bedeutung zukommt, dass damit die genannten Form- und Verfahrensfehler gerade als solche und nicht als materiell-rechtliche Fehler des VA gekennzeichnet werden. Die Aufzählung betrifft zudem gerade solche Verfahrenshandlungen, die an sich vor oder bei Erlass des VA oder der Widerspruchsentscheidung hätten erfolgen oder vorliegen müssen, die aber ausdrücklich als auch noch nachholbar bestimmt werden. Die Bereinigung (Heilung) solcher Mängel ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des VA und dessen Inhalt zurückbezogen. Geheilte Fehler haben dann für die spätere Beurteilung der Rechtmäßigkeit des VA durch Widerspruchsbehörde, Widerspruchsausschuss oder Gericht keine Bedeutung mehr und sind unbeachtlich. Ob im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage die ursprüngliche verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit festgestellt werden kann, um daraus Amtshaftungsansprüche herzuleiten, erscheint eher als theoretische Frage, da sich aus einem – im Ergebnis unbeachtlichen – Verfahrensverstoß kaum die Herbeiführung eines Schadens ableiten lässt.
Rz. 8
Ist der Verfahrensfehler wirksam geheilt worden, schließt dies eine Aufhebung des VA wegen des dann unbeachtlichen früheren Fehlers bei Erlass des VA aus. Ist eine Heilung nicht oder nicht wirksam nachgeholt, kann ein Form- oder Verfahrensfehler aber immer noch nach § 42 unbeachtlich und der Anspruch auf Aufhebung des VA ausgeschlossen sein. § 41 ist gegenüber § 42 nicht lex specialis. Der Verfügungssatz des VA wird durch die Heilung von Form- oder Verfahrensmängeln ohnehin nicht betroffen, so dass aufgrund der nachgeholten Handlung der VA auch nicht neu erlassen oder geändert werden muss.
Rz. 9
Ursprüngliche Form- und Verfahrensfehler lösen jedoch die Kostenfolge nach § 63 Abs. 1 aus, wenn ein Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hatte, weil dieser Mangel wegen nachträglicher Heilung im Ergebnis unbeachtlich ist.
2.1.1 Nachträgliche Antragstellung (Nr. 1)
Rz. 10
Die Frage der Heilung bei einem fehlenden Antrag kann sich nur dann stellen, wenn ein Antrag überhaupt erst Voraussetzung für den Erlass des konkreten VA ist (§ 18 Nr. 2). Daran fehlt es in allen Fällen, in denen die Behörde von Amts wegen tätig werden kann (z. B. Anforderung von Beiträgen) oder werden muss (z. B. in der Unfallversicherung auch für die Leistungsgewährung, § 19 Satz 2 SGB IV).
Rz. 11
Die Regelung lässt offen, ob damit nur der das Verwaltungsverfahren ...