Rz. 22
Da die Vorschrift allein die Frage der Aufhebung eines VA bei Form- oder Verfahrensmängeln betrifft, gilt sie nur für die Überprüfung eines VA im Widerspruchsverfahren oder bei Anfechtungs- bzw. kombinierter Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen einen erlassenen VA. Sie ist auch im Fall eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 zu beachten. Zur Kostenfolge nach § 63 SGB X, wenn der Widerspruch gegen einen an sich fehlerhaften VA (hier: Verstoß gegen § 35 SGB X) nur wegen § 42 erfolglos bleibt vgl. SG Chemnitz, Urteil v. 11.11.2016, S 33 AS 1347/16 = ASR 2017 S. 38 f.
Rz. 23
Ist ein Verfahrensmangel unbeachtlich, weil keine andere Sachentscheidung rechtlich zulässig war oder der Form- oder Verfahrensfehler den konkreten VA nicht beeinflusst hatte, ist der VA zwar mit Form- oder Verfahrensfehlern behaftet, es bleibt jedoch der materiell rechtmäßige VA mit seinem Verfügungssatz bestehen. Der Betroffene wird dadurch nicht in materiellen subjektiven Rechten verletzt. Widerspruch und Anfechtungsklage sind als unbegründet abzuweisen. Dieser VA ist auch ungeachtet seiner formalen Mängel bei der Anwendung der §§ 44ff. wie ein rechtmäßiger VA zu behandeln. Bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses dürfte aber eine Feststellungsklage Erfolg haben, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des VA gerichtet ist (so auch Schütze, in: v. Wulffen, Kommentar SGB X, 8. Aufl. 2014, § 42 Rz. 14).
Rz. 24
Die Vorschrift schließt nur einen Anspruch auf Aufhebung für den Betroffenen aus. Die Aufhebung durch die Behörde wird daher nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich daraus, dass in den Gesetzgebungsentwürfen zu den Vorläufervorschriften des VwVfG zunächst davon die Rede war, die Möglichkeit der Aufhebung auszuschließen. Gesetz geworden ist aber nur, dass ein Anspruch ausgeschlossen ist (Recht, in: Hauck/Noftz, § 42 Rz. 7 unter Hinweis auf BT-Drs. 6/1173, § 36 VwVfG, str.). Wenn der VA jedoch in der Sache richtig ist und als gebundene Entscheidung ergehen musste, dürften Widerruf und Rücknahme zumeist an den §§ 44ff. scheitern, weil ein VA gleichen Inhalts erlassen werden müsste oder keine materielle Fehlerhaftigkeit vorliegt.
Rz. 25
Soweit jedoch die Anfechtung des VA darauf gestützt ist, dass die Behörde unzuständig gewesen sei, dürfte es ihr unbenommen bleiben, den VA deswegen aufzuheben. Auch in den Fällen der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bei einem über den Inhalt des VA hinausgehenden Begehren erscheint die Zulassung der Aufhebung wegen örtlicher Unzuständigkeit grundsätzlich möglich, damit die örtlich zuständige Behörde über den Anspruch insgesamt neu entscheiden kann.