Rz. 64
Für die Zuständigkeit der für die Aufhebung zuständigen Behörde gilt § 44 Abs. 3, so dass darauf verwiesen werden kann.
Rz. 65
Mit dem durch das 2. SGB-ÄndG v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) in Satz 1 angefügten Verweis auch auf § 44 Abs. 4 wird klargestellt, dass auch in den Fällen einer Aufhebung zugunsten des Betroffenen die Ausschlussfrist von 4 Jahren vor Bescheidaufhebung für die Nachzahlung von Leistungen gilt und nicht die allgemeine Verjährungsvorschrift mit der Verjährungsunterbrechung bei schriftlichem Antrag. Die Verweisung auf § 45 ist durch Gesetz v. 6.4.1998 (BGBl. I S. 688) geändert worden. Sie umfasst nunmehr § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5, womit bei Fällen der Bösgläubigkeit auch über die 10-Jahres-Grenze seit Erlass des VA hinaus der VA wegen Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden kann. Dies gilt aber nicht für die Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 (Erzielen von Einkommen oder Vermögen, das zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde), denn es sollen ausschließlich die Fälle unredlichen Verhaltens erfasst werden (so auch BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 77/09 E Rz. 45; a. A. Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 48 Rz. 113).
Über § 48 Abs. 4 Satz 2 findet auch die Handlungsfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 (ein Jahr ab Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen) für rückwirkende, den Adressaten belastende VA Anwendung. Für rückwirkende, den Adressaten begünstigende Aufhebungen gilt diese Handlungsfrist nicht, wie sich nunmehr eindeutig daraus ergibt, dass die seit dem 6.4.1998 (BGBl. I S. 688) geltende Fassung des § 45 Abs. 2 Satz 2 nur noch auf § 45 Abs. 4 Satz 2 verweist und nicht mehr auch auf Satz 1, wobei es sich bei der vorherigen Gesetzesfassung um ein Redaktionsversehen gehandelt haben dürfte (vgl. auch Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, § 48 Rz. 34). Die Jahresfrist beginnt regelmäßig erst dann zu laufen, wenn die Entscheidung über die Aufhebung aus Sicht der Behörde keine weiteren Ermittlungen mehr erfordert. Dies ist bei der Entscheidung über die Aufhebung einer Hinterbliebenenrente nicht der Fall, wenn der Behörde zwar die Höhe des erzielten Einkommens aus einer abhängigen Beschäftigung, nicht aber das in anderen Zeiträumen erzielte Arbeitslosengeld bekannt ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 6.5.2014, L 13 R 481/13).
Die Handlungsfrist beginnt aber jedenfalls schon dann zu laufen, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass die ihr vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligung genügen und sie deshalb einen Aufhebungsbescheid erlässt. Die spätere Aufhebung dieses Bescheides und die Erteilung eines neuen Bescheides führen daher nicht dazu, dass eine neue Frist zu laufen beginnt. Der neue Bescheid ist daher nur dann rechtmäßig, wenn er innerhalb der bereits laufenden Jahresfrist ergeht, die spätestens mit der Erteilung des ersten Bescheides zu laufen beginnt (BSG, Urteil v. 6.4.2006, B 7a AL 64/05 R).
Hat die Behörde einen Aufhebungsbescheid erlassen, läuft die Handlungsfrist spätestens ab diesem Zeitpunkt. Die Frist läuft auch weiter ab, wenn dieser Bescheid aufgehoben und durch einen anderen Aufhebungsbescheid ersetzt wird. Durch den neuen Bescheid wird keine neue Handlungsfrist in Gang gesetzt (BSG, Urteil v. 6.4.2006, B 7a AL 64/05 R). Für den Leistungsträger nach dem SGB II besteht vor dem tatsächlichen Eintritt einer Änderung der Verhältnisse (hier: beabsichtigte Beschäftigungsaufnahme) noch kein Anlass, einen für die Zukunft bereits erlassenen Bewilligungsbescheid den möglichen zukünftigen Verhältnissen anzupassen. Dementsprechend ist es ihm nach Kenntnis vom Eintritt der Änderung (tatsächliche Beschäftigungsaufnahme) noch möglich, einen Aufhebungsbescheid nach § 48 zu erlassen, zumal der genaue Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme sowie Höhe und Zeitpunkt des Einkommenszuflusses ebenfalls entscheidungserhebliche Tatsachen sind (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 30.1.2013, L 5 AS 368/09).