Rz. 35
Der Erstattungsanspruch unterliegt seinerseits der vierjährigen Verjährungsfrist. Diese beginnt nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsbescheid gemäß Abs. 3 unanfechtbar geworden ist, und endet mit Ablauf des vierten Kalenderjahres. Auf den Zeitpunkt der unrechtmäßigen Leistungsgewährung oder des Aufhebungsbescheides kommt es nicht an. Anders als § 50 Abs. 1 wird Abs. 4 im Hinzuverdienstrecht nach dem SGB VI nicht durch § 34 SGB VI verdrängt und bleibt auch nach dem 1.7.2017 anwendbar.
Rz. 36
Diese eigenständige Verjährungsregelung in Abhängigkeit von der Unanfechtbarkeit des Erstattungsbescheides liegt darin begründet, dass der Anspruch überhaupt erst mit dem Bescheid und nicht bereits kraft Gesetzes als Rechtsfolge der Aufhebung eines VA oder aufgrund des tatsächlichen unrechtmäßigen Leistungsbezuges entsteht.
Rz. 37
Da keine Fristen zwischen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu beachten sind und der Aufhebungsbescheid selbst noch nicht zu einem verjährungsfähigen Grundanspruch führt, kann der Erstattungsbescheid auch noch erhebliche Zeit nach dem Aufhebungsbescheid erlassen werden. In solchen Fällen kommt allenfalls eine Verwirkung des Rückforderungsrechts in Betracht. Zur Frage der Verjährung, Verwirkung und Entreicherung nach § 818 BGB vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.11.2015, L 14 AS 3260/14).
Rz. 38
Abs. 2 Satz 2 regelt die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung und ist mit Wirkung ab 1.1.2002 neu gefasst worden, womit den entsprechenden Änderungen des BGB über die Verjährung durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001 (verspätet und rückwirkend mit Übergangsregelung in § 120 Abs. 5) Rechnung getragen wurde.
Rz. 39
Die Regelungen gehen jedoch weitgehend ins Leere, da die Verjährung überhaupt erst mit der Unanfechtbarkeit des Erstattungsbescheides beginnt. Der typische Fall der Hemmung wegen Rechtsverfolgung oder Ablaufhemmung nach Geltendmachung des Anspruchs durch den Erstattungsbescheid (§ 204 Abs. 1 und 2 BGB) wird schon gar nicht erfasst. Ein Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis oder Vollstreckungshandlung (§ 212 BGB) kommt nach dem Erlass eines Erstattungsbescheides nach Abs. 3 gleichfalls nicht mehr in Betracht, weil der unanfechtbare Erstattungsbescheid dazu führt, dass gerade nicht mehr die 4-jährige Verjährungsfrist gilt.
Rz. 40
§ 52 wurde dahin gehend geändert (vgl. Komm. dort), dass nunmehr schon ein unanfechtbarer VA der (nur) zur Feststellung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wurde, zu einer 30-jährigen Verjährungsfrist des Anspruchs führt. Das bedeutet, dass bei einem Erstattungsbescheid bis zur Unanfechtbarkeit noch keine Verjährungsfrist läuft und danach für den Erstattungsanspruch die 30-jährige Verjährungsfrist gilt. Hieraus folgt, dass der öffentlich-rechtliche Rechtsträger durch ein Vorgehen nach § 52 eine Verjährungsfrist von 30 Jahren erwirken kann. Er braucht zu diesem Zweck nicht andere Maßnahmen, etwa solche der Rechtsverfolgung i. S. d. § 204 BGB zu ergreifen, um die Hemmung der Verjährung herbeizuführen (LSG Hamburg, Urteil v. 24.1.2007, L 1 R 48/06; Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 52 Rz. 2).