Rz. 7
Die Verpflichtung zur Herausgabe betrifft die Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte oder deren Ausübung überlassen wurden. Nicht erforderlich ist, dass Urkunden konstitutive Bedeutung zukommt. Dies sind z. B. der Ausweis als schwerbehinderter Mensch oder ähnliche gegenüber Dritten wirkende Urkunden, die Krankenversichertenkarte oder eine vorübergehend überlassene Sache im Rahmen des Sachleistungsanspruchs, da diese nicht über § 50 Abs. 1 rückforderbar ist. Nach dem Wortlaut des § 51 müssen die Urkunden oder Sachen von der Behörde ausgehändigt worden sein, so dass zweifelhaft sein könnte, ob die Herausgabepflicht auch solche Gegenstände umfasst, die der Betroffene sich selbst beschafft hat. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift, die einer Missbrauchsgefahr entgegenwirken will, ist jedoch eine weite Auslegung geboten, so dass hierauf ein Herausgabeanspruch auf alle Urkunden und Sachen gestützt werden kann, die wegen eines behördlichen Stempels oder eines ähnlichen Vermerks zum Nachweis geeignet sind. Sie müssen zumindest zur Ungültigmachung vorgelegt werden und sind damit ebenfalls Gegenstand des Herausgabeanspruchs (vgl. auch Pickel, WzS 1985 S. 360).
Rz. 8
Grundsätzlich trifft die Herausgabepflicht den Inhaber, d. h. denjenigen, auf den die Urkunde ausgestellt, dem die Sache überlassen wurde und der zumeist auch Adressat des zugrunde liegenden VA war. Da dieser jedoch nicht (mehr) zur Herausgabe in der Lage sein kann, wird die Herausgabepflicht auf denjenigen erstreckt, der Besitzer der Urkunde oder Sache ist, d. h., der die tatsächliche Gewalt (§ 854 Abs. 1 BGB) darüber ausübt. Dabei kommt es nicht auf die Rechtmäßigkeit des Besitzes an. Ist unklar, wer im Besitz der Urkunde oder Sache und zur Rückgabe in der Lage ist, kommt nur eine gesamtschuldnerische Rückforderung gegenüber Inhaber und Besitzer in Betracht. Die Behörde muss nicht berücksichtigen, wer Eigentümer der Urkunden oder Sachen ist oder ob ein zivilrechtliches Besitzrecht besteht.
Rz. 9
Der Herausgabeanspruch kann jedoch auf die vorübergehende Rückgabe an die Behörde zur Ungültigmachung beschränkt sein, wenn Inhaber oder Besitzer dies verlangen (Satz 3). Der Herausgabepflichtige muss ein Interesse an der Rückgabe nicht geltend machen oder darlegen. Andererseits besteht aber auch kein Anlass, die Urkunde oder Sache einem möglicherweise unrechtmäßigen Besitzer, der an dem Sozialrechtsverhältnis nicht beteiligt war, wieder auszuhändigen. Zwingend ist die Verpflichtung zur Rückgabe bei Folgeurkunden aus einem VA, da diese immer mit einem Ungültigkeitsvermerk versehen werden können. So besteht ein Anspruch auf Wiederaushändigung des Rentenausweises, wenn dieser nach Entzug der Rente vom Versicherungsträger entwertet wurde (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 28.6.2001, L 1 RA 59/01, unter Hinweis auf die Möglichkeit des Versicherten, damit frühere Rentenbezugszeiten nachzuweisen). Ausgeschlossen ist ein solches Rückgabeverlangen aber, wenn sich die Sache gar nicht, nicht hinreichend deutlich oder dauerhaft als ungültig kennzeichnen lässt (Satz 3 HS 2). Ob und inwieweit dies möglich ist, bestimmt sich anhand der tatsächlich ausgehändigten Sachen.
Nach § 51 kann der Betroffene nur die Herausgabe solcher Sachen verlangen, die ihm zuvor von der Behörde ausgehändigt und nach der Rücknahmeentscheidung wieder zur Behörde genommen wurden. Ein Anspruch auf den – auch nur vorübergehenden – Besitz von Behördenakten oder Teilen davon (ärztliche Gutachten etc.) lässt sich auf § 51 weder in direkter noch in analoger Anwendung stützen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 28.6.2001, L 1 RA 59/01).
Rz. 10
Ausgeschlossen ist eine Rückgabepflicht auch, wenn sich dies aus vorrangig anzuwendenden speziellen Vorschriften ergibt. So wird für den Schwerbehindertenausweis bei Erlöschen des Schwerbehindertenschutzes in § 69 Abs. 5 Satz 4 SGB IX zwingend die Einziehung vorgeschrieben. Auch für die Krankenversichertenkarte wird man aufgrund der Rückgabepflicht bei Ende der Mitgliedschaft oder Versicherung (§ 291 Abs. 4 SGB V) eine Verpflichtung zur Rückgabe an den vorherigen Inhaber oder Besitzer verneinen müssen. Zwar wäre eine Unbrauchbarmachung grundsätzlich möglich, die Krankenversichertenkarte ist jedoch nicht übertragbar, so dass Eigentums- oder Besitzrechte daran nicht erworben werden können.
Rz. 10a
Die Behörde braucht Sachen, bei denen eine Kennzeichnung zur Ungültigkeit nicht oder nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit und Dauerhaftigkeit möglich ist, nicht wieder auszuhändigen (§ 51 Satz 4). Diese Vorschrift bezieht sich nicht auch auf Urkunden (Umkehrschluss aus dem Hinweis auf "Sachen"). Wenn die Missbrauchsgefahr einer Sache durch eine entsprechende Kennzeichnung nicht ausgeschlossen werden kann, darf die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die Wiederaushändigung entscheiden (Pickel, WzS 1985 S. 361), wobei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten sind. Die Behörde ist ggf. zur Ausstellung einer Bestätigung darüber verpflichtet,...