2.1 Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 3

Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung bedeutet das Einverständnis einer oder beider Vertragsparteien mit der unmittelbaren Vollstreckung ohne vorherige Klage auf einen Vollstreckungstitel. Das Einverständnis ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Auch wenn sie von einer Behörde abgegeben wird, ist sie kein Verwaltungsakt. Die Unterwerfung kann in den Vertrag mit aufgenommen werden. Es ist aber auch möglich, eine gesonderte Unterwerfungsvereinbarung (nachträglich) zu treffen. Eine ähnliche Regelung für privatrechtliche Verträge enthält § 794 ZPO. Der Vertrag wird damit selbst zum Vollstreckungstitel. Schriftform ist in jedem Falle erforderlich (vgl. dazu auch bei nachträglichen Unterwerfungserklärungen: BVerwGE 98 S. 58). Eine gerichtliche Protokollierung ersetzt das Schriftformerfordernis. Eine Erklärung in elektronischer Form ist gemäß § 36 a SGB I, § 61 SGB X, § 126 a BGB möglich.

 

Rz. 3a

Die Unterwerfung kann auf einzelne vertragliche Verpflichtungen beschränkt oder bedingt bzw. befristet sein (Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 60 Rz. 10). Bei einer Änderung der Verhältnisse ist eine Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO, § 173 VwGO, § 202 SGG möglich (BGH, NJW 1985 S. 64; Kopp, VwVfG, § 61 Rz. 8a). Die Möglichkeit der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung besteht aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm unstreitig bei subordinationsrechtlichen Verträgen. Die Zulässigkeit bei koordinationsrechtlichen Verträgen ist umstritten und wird überwiegend verneint (Hissnauer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 60 Rz. 8), weil der Gesetzeszweck hier nicht in gleicher Weise wie im Verhältnis zwischen Behörde und Bürger zum Tragen kommt und die Erfüllungsansprüche i. d. R. auch durch Aufsichtsmaßnahmen erreicht werden können. Ein genereller Ausschluss von Unterwerfungsklauseln lässt sich damit aber nicht begründen (BVerwGE 98 S. 58; Diering, in: LPK-SGB X, § 60 Rz. 3; a. A. Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 60 Rz. 5; Marschner, a. a. O., Rz. 9).

 

Rz. 3b

Der öffentlich-rechtliche Vertrag selbst ist kein Vollstreckungstitel. Fehlt es an einer Einverständniserklärung, ist gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (z. B. durch eine Leistungsklage; BSG, Urteil v. 26.9.2017, B 1 KR 8/17 R).

2.2 Vertretung der Behörde (Abs. 1 Satz 2)

 

Rz. 4

Wegen der weitreichenden Bedeutung der Unterwerfungsklausel muss die Behörde, soweit sie sich unterwirft, von dem Behördenleiter, seinem allgemeinen Vertreter oder einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, vertreten werden. Beim Behördenleiter und seinem allgemeinen Vertreter ist die Befähigung zum Richteramt allerdings nicht erforderlich. Ein Verstoß gegen die Vertretungserfordernisse führt aufgrund der weitreichenden Bedeutung der Unterwerfungsklausel zur Unwirksamkeit (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 60 Rz. 6; a. A. Kopp, VwVfG, § 61 Rz. 8). Dies gilt auch dann, wenn sich ausschließlich der Bürger der Vollstreckung unterwirft (Engelmann, a. a. O., Rz. 8 m. w. N.).

Eine Heilung etwa durch eine nachträgliche Genehmigung seitens des Behördenleiters ist nicht möglich. Die Unterwerfungsvereinbarung muss vielmehr wiederholt werden (BVerwGE 98 S. 58).

 

Rz. 4a

Durch das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 25.6.2021 ist die Formulierung "oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes erfüllt" mit Wirkung zum 1.8.2021 gestrichen worden. Für § 110 DRiG besteht kein Anwendungsbereich mehr, nachdem seit dem Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes zwischenzeitlich über 57 Jahre vergangen sind (BT-Drs. 19/26828 S. 189).

2.3 Genehmigung der Aufsichtsbehörde (Abs. 1 Satz 3, 4 a. F.)

 

Rz. 5

Einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bei einer Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung seitens der Behörde bedarf es nicht. Die Verpflichtung ist mit dem Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften v. 21.8.2002 ab 1.2.2003 entfallen. Der Gesetzgeber hat die Sätze 3 und 4 von Abs. 1 ersatzlos gestrichen, da eine Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde nicht mehr für erforderlich erachtet wurde und ein Bürokratieabbau erreicht werden sollte (BT-Drs. 14/9000 S. 34 f.).

2.4 Vollstreckung von Geldforderungen (Abs. 2 Satz 1, 2)

 

Rz. 6

Wollen Behörden oder Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 66 SGB X) wegen Geldforderungen vollstrecken, gelten die Verwaltungsvollstreckungsgesetze (VwVG) des Bundes bzw. der Länder. Der Vertrag ersetzt insoweit den Leistungsbescheid nach § 3 Abs. 2 Buchst. a VwVG. Fälligkeit und Mahnung gemäß dieser Vorschrift müssen vorliegen. Wollen privatrechtliche Personen wegen einer Geldforderung gegen eine Behörde vollstrecken, so ist § 170 Abs. 1 bis 3 VwGO entsprechend anzuwenden. Vollstreckungsgericht ist das Verwaltungs- oder Sozialgericht (§ 45 VwGO, § 8 SGG).

2.5 Vollstreckung zur Erzwingung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung (Abs. 2 Satz 3)

 

Rz. 7

Will die Behörde aus einer vertraglichen Verpflichtung, die auf die Erzwingung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, gegen einen Bürger vollstrecken, so gelten gemäß Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 66 die §§ 6 ff. VwVG. Voll...

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