0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) mit Wirkung zum 1.1.1981 in Kraft getreten. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften v. 6.8.1998 (BGBl. I S. 2022) ist Abs. 1 modifiziert worden. Aufgrund der Regelung im Vierten Euro-Einführungsgesetz v. 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) ist sie unverändert mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001 bekanntgemacht worden. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften v. 21.8.2002 (BGBl. I S. 3322) wurden in Abs. 1 die Sätze 3 und 4 zum 1.2. 2003 gestrichen.

 

Rz. 1a

Art. 24 Abs. 10 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 25.6.2021 (BGBl. I S. 2154) hat mit Wirkung zum 1.8.2021 in Abs. 1 Satz 2 die Wörter "oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes erfüllt" gestrichen. Es handelt sich um eine Folgeänderung zum durch Art. 4 Nr. 6 des Gesetzes v. 25.6.2021 aufgehobenen § 110 DRiG.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift, die nur für subordinationsrechtliche Verträge gilt, bestimmt die Voraussetzungen für die Vollstreckung aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag und regelt gleichzeitig das Vollstreckungsverfahren (durch Verweisung auf Normen des SGB X und der VwGO), denn öffentlich-rechtliche Verträge sind grundsätzlich (genau wie privatrechtliche Verträge) keine Vollstreckungstitel (VG Darmstadt, NJW 1987 S. 1283). Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 8/2034 S. 36 und 7/910 S. 83) enthält dazu die allgemeine Aussage, dass es dem Wesen des öffentlich-rechtlichen Vertrages entspreche, wenn hinsichtlich seiner Vollstreckbarkeit jede Vertragspartei grundsätzlich nur durch Klage zu einem Vollstreckungstitel gelangen kann. Der Berechtigte muss immer erst beim Verwaltungs- bzw. Sozialgericht auf Leistung klagen und kann danach die Vollstreckung aus dem rechtskräftigen oder vollstreckbaren Urteil betreiben. Die Vorschrift ermöglicht es aber auch, eine Vollstreckung ohne vorherige Klage zu vereinbaren (Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung). § 60 bestimmt weiter, dass eine Behörde Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Verträgen nicht mittels Verwaltungsaktes durchsetzen kann. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Vertrag die Rechtsbeziehungen nicht abschließend regelt und deshalb das Gesetz die maßgebliche unmittelbare Rechtslage für den Anspruch der Behörde gegenüber dem Bürger bleibt (VGH Kassel, JuS 1970 S. 143).

2 Rechtspraxis

2.1 Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 3

Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung bedeutet das Einverständnis einer oder beider Vertragsparteien mit der unmittelbaren Vollstreckung ohne vorherige Klage auf einen Vollstreckungstitel. Das Einverständnis ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Auch wenn sie von einer Behörde abgegeben wird, ist sie kein Verwaltungsakt. Die Unterwerfung kann in den Vertrag mit aufgenommen werden. Es ist aber auch möglich, eine gesonderte Unterwerfungsvereinbarung (nachträglich) zu treffen. Eine ähnliche Regelung für privatrechtliche Verträge enthält § 794 ZPO. Der Vertrag wird damit selbst zum Vollstreckungstitel. Schriftform ist in jedem Falle erforderlich (vgl. dazu auch bei nachträglichen Unterwerfungserklärungen: BVerwGE 98 S. 58). Eine gerichtliche Protokollierung ersetzt das Schriftformerfordernis. Eine Erklärung in elektronischer Form ist gemäß § 36 a SGB I, § 61 SGB X, § 126 a BGB möglich.

 

Rz. 3a

Die Unterwerfung kann auf einzelne vertragliche Verpflichtungen beschränkt oder bedingt bzw. befristet sein (Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 60 Rz. 10). Bei einer Änderung der Verhältnisse ist eine Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO, § 173 VwGO, § 202 SGG möglich (BGH, NJW 1985 S. 64; Kopp, VwVfG, § 61 Rz. 8a). Die Möglichkeit der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung besteht aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm unstreitig bei subordinationsrechtlichen Verträgen. Die Zulässigkeit bei koordinationsrechtlichen Verträgen ist umstritten und wird überwiegend verneint (Hissnauer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 60 Rz. 8), weil der Gesetzeszweck hier nicht in gleicher Weise wie im Verhältnis zwischen Behörde und Bürger zum Tragen kommt und die Erfüllungsansprüche i. d. R. auch durch Aufsichtsmaßnahmen erreicht werden können. Ein genereller Ausschluss von Unterwerfungsklauseln lässt sich damit aber nicht begründen (BVerwGE 98 S. 58; Diering, in: LPK-SGB X, § 60 Rz. 3; a. A. Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 60 Rz. 5; Marschner, a. a. O., Rz. 9).

 

Rz. 3b

Der öffentlich-rechtliche Vertrag selbst ist kein Vollstreckungstitel. Fehlt es an einer Einverständniserklärung, ist gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (z. B. durch eine Leistungsklage; BSG, Urteil v. 26.9.2017, B 1 KR 8/17 R).

2.2 Vertretung der Behörde (Abs. 1 Satz 2)

 

Rz. 4

Wegen der weitreichenden Bedeutung der Unterwerfungsklausel muss die Behörde, soweit sie sich unterwirft, von dem Behördenleiter, seinem allgemeinen Vertreter oder einem Angehörigen des öffentlichen Dienst...

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