Rz. 5
Seit dem 25.5.2018 ist aufgrund der unmittelbaren Rechtswirkung der Vorschriften der DSGVO (vgl. Rz. 2) für die zulässige Erhebung von Sozialdaten nicht mehr nur § 67a maßgebend, sondern insbesondere die Art. 6 DSGVO (Rechtmäßigkeit der Verarbeitung) und Art. 9 DSGVO (Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten).
Zusätzlich gelten die unmittelbar anzuwendenden Vorschriften der DSGVO, wie auch die Gesetzesbegründung zu § 67b Abs. 1 klarstellt: "Neben den spezifischen Befugnissen des Sozialgesetzbuches kann auch unmittelbar aus der Verordnung (EU) 2016/679, insbesondere aus Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 die Zulässigkeit der Verarbeitung von Sozialdaten folgen, was § 35 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches deklaratorisch deutlich macht" (BT-Drs. 18/12611).
Die Erhebung ist seit dem 25.5.2018 nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO ein Vorgang der Verarbeitung (vgl. die Komm. zu § 67).
Zunächst regelt Abs. 1 Satz 1, zu welchen Zwecken die Erhebung von Sozialdaten nur zulässig ist (Erforderlichkeit im Zusammenhang mit der gesetzlichen Aufgabenerfüllung der Stellen nach § 35 SGB I).
Besondere Voraussetzungen sind nach Abs. 1 Satz 2 und 3 bei der Erhebung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) zu beachten; hier kommt es darauf an, welche gesetzlichen Aufgaben oder Pflichten mit der Erhebung dieser Daten erfüllt werden sollen und ob ggf. zusätzlich geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorzusehen sind oder ob eine Erhebung nur mit Einwilligung der betroffenen Person zulässig erfolgen kann.
Abs. 2 enthält in Satz 1 auch nach der Anpassung an die DSGVO zum 25.5.2018 den Grundsatz der Ersterhebung bei der betroffenen Person und regelt in Satz 2 unter welchen Voraussetzungen davon Ausnahmen zulässig sind; diese Regelungen entsprechen inhaltlich dem Recht bis 24.5.2018 des § 67a Abs. 2 SGB X a. F.
2.1 Zweck der Datenerhebung (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 6
In Satz 1 wird die Zulässigkeit der Datenerhebung durch die in § 35 SGB I genannten Stellen geregelt und damit von der Öffnungsklausel des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Buchst. b DSGVO Gebrauch gemacht.
Voraussetzung für eine zulässige Datenerhebung ist nach Satz 1, dass die Kenntnis der Daten zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. Satz 1 verweist insoweit auf die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch; gemeint sind die "einzelnen Bücher einschließlich der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs" (BT-Drs. 18/12611). Zum Aufgabenbegriff vgl. die Komm. zu § 67 Abs. 3 (Rz. 9).
2.1.1 Erforderlichkeit
Rz. 7
Die zulässige Datenerhebung wird begrenzt durch ihre Erforderlichkeit. Die Erhebung muss zur aktuellen Aufgabenerfüllung notwendig sein; eine Datenerhebung auf Vorrat ist untersagt.
Dies ergibt sich aus dem Wort "erforderlich" in § 67a Abs. 1 Satz 1 sowie aus dem unmittelbar anzuwendenden Art. 6 DSGVO, der in Abs. 3 Satz 2 festlegt, dass der Zweck der Verarbeitung "für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sein" muss. Personenbezogenen Daten sollten "für die Zwecke, zu denen sie verarbeitet werden, angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke ihrer Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein" (Erwägungsgrund [EG] 39 DSGVO).
2.1.2 Einwilligung
Rz. 8
In der Gesetzesbegründung zur Anpassung von § 67a zum 25.5.2018 an die Vorgaben der DSGVO wird klargestellt: "Eine Einwilligung der betroffenen Person in die Datenerhebung ist dann nicht erforderlich" (BT-Drs. 18/12611). Sofern also die Sozialdaten zur gesetzlichen Aufgabenerfüllung der Stellen nach § 35 SGB I erforderlich sind, dürfen sie ohne Einwilligung der betroffenen Person erhoben werden. Dies bezieht sich zunächst auf den Umfang der Daten (die Erforderlichkeit); die weiteren Anforderungen des § 67a Abs. 2 sind zusätzlich zu beachten. Gleiches gilt für die Informationspflichten, die seit 25.5.2018 nicht mehr in § 67a sondern in Art. 13 und 14 DSGVO und in §§ 82 und 82a SGB X geregelt sind (vgl. die Komm. zu § 82 SGB X und zu § 82a SGB X).
Rz. 9
Aufgrund der unmittelbaren Rechtswirkung von Art. 6 DSGVO können personenbezogene Daten außerdem zulässig erhoben werden, wenn eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt. Darauf geht auch die Gesetzesbegründung zu § 67a Abs. 1 ein (BT-Drs. 18/12611); danach können nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO "mit der Einwilligung der betroffenen Person Daten erhoben werden. Auch in anderen Fallkonstellationen ist bereits aufgrund der unmittelbar geltenden Verordnung eine Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 SGB I genannten Stellen zulässig; dies gilt z. B. wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/679)."
Rz. 10
Auch mit Einwilligung der betroffenen Person ist eine Erhebung von Sozialdaten durch die Stellen nach § 35 SGB I nicht...