Rz. 30
Allgemein wird Freiwilligkeit oder auch Willensfreiheit definiert mit der subjektiv empfundenen menschlichen Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Auch der deutsche Gesetzgeber setzt die Fähigkeit der freien Entscheidung des erwachsenen Menschen voraus, indem er in § 104 Nr. 2 BGB im Umkehrschluss die Geschäftsunfähigkeit als einen "die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit" definiert und damit die Willensfreiheit als eine nur im Ausnahmefall wegfallende Grundeigenschaft voraussetzt.
Auch der EG 42 DSGVO stellt darauf ab, dass nur dann von einer freiwillig abgegebenen Einwilligung der betroffenen Person ausgegangen werden kann, "wenn sie eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden".
Rz. 31
Fraglich ist die Freiwilligkeit immer dann, wenn die betroffene Person sich in einer Form von Abhängigkeit zu dem Verantwortlichen befindet; dies gilt insbesondere gegenüber leistungsgewährenden Behörden wie den Stellen nach § 35 SGB I. Laut EG 43 DSGVO sollte die Einwilligung "in besonderen Fällen, wenn zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen ein klares Ungleichgewicht besteht, insbesondere wenn es sich bei dem Verantwortlichen um eine Behörde handelt, und es deshalb in Anbetracht aller Umstände in dem speziellen Fall unwahrscheinlich ist, dass die Einwilligung freiwillig gegeben wurde, keine gültige Rechtsgrundlage liefern". Da über Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO und über Art 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO die Einwilligung der betroffenen Person ausdrücklich als Grundlage für eine zulässige Verarbeitung einschließlich der besonderen Kategorien personenbezogener Daten zugelassen wurde, sollte ihre Freiwilligkeit auch tatsächlich nur "in dem speziellen Fall" (EG 43 DSGVO) angezweifelt werden, da ansonsten die Einwilligung als Verarbeitungsgrundlage für Behörden insgesamt in Frage gestellt würde.
Rz. 32
Nach EG 43 DSGVO gilt eine Einwilligung auch dann nicht als freiwillig erteilt, "wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist".
Auch hier handelt es sich um besondere Einzelfälle, die nicht dagegen sprechen, grundsätzlich von der Freiwilligkeit einer Einwilligung auszugehen, auch im Verhältnis zu einer Stelle nach § 35 SGB I.