Rz. 30

Abs. 1 Satz 2 schafft die datenschutzrechtliche Grundlage für die Abgabe der Drittschuldnererklärung (§ 840 ZPO und § 316 AO). Die Zulässigkeit ist im Gesetz negativ formuliert, indem der Gesetzgeber pauschal darauf hinweist, dass die Erklärungspflichten durch das SGB nicht berührt werden. Die Drittschuldnererklärung hat somit Vorrang vor dem Sozialgeheimnis. Mit Einführung des Abs. 1 Satz 2 hat der Gesetzgeber die bis dahin über § 69 Abs. 1 Nr. 1 hergeleitete Zulässigkeit der Datenübermittlung ausdrücklich im Gesetz verankert und die gängige Praxis damit abgesichert (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 12/5187 S. 39).

Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass nach § 54 SGB I Ansprüche auf Geldleistungen, die gegenüber dem Sozialleistungsträger, der Stelle nach § 35 SGB I, bestehen, gepfändet werden können. Somit hat der Sozialleistungsträger auf Verlangen des pfändenden Gläubigers nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses die notwendigen Informationen zu übermitteln.

 

Rz. 31

Abs. 1 Satz 2 deckt aber nur die Erklärungspflichten der Leistungsträger als Drittschuldner, die sich aus dem Vollstreckungsrecht ergeben (hier § 840 ZPO), ab. Danach hat der Drittschuldner nur anzugeben, ob und inwieweit er die Forderung anerkennt, zur Zahlung bereit ist und ob und ggf. welche vorrangigen Forderungen bestehen.

 
Hinweis

Kommt die Stelle nach § 35 SGB I in ihrer Eigenschaft als Drittschuldnerin zu dem Ergebnis, dass sie die Forderung bedienen kann, wird sie im Zusammenhang mit der Ausführung der Pfändung (§ 54 SGB I) weitere Daten übermitteln müssen. Insbesondere muss dem Gläubiger nachvollziehbar das Verwaltungshandeln des Leistungsträgers dargestellt werden. Hierzu ist es regelmäßig erforderlich, die Höhe der vom Leistungsträger insgesamt erbrachten Sozialleistungen zu beziffern, damit vom Gläubiger nachvollzogen werden kann, ob die Summe des an ihn ausgezahlten Betrages richtig berechnet wurde. Diese Datenübermittlung ist nur über § 69 Abs. 1 Nr. 1zur eigenen Aufgabenerfüllung des Leistungsträgers, nämlich der Abwicklung der Pfändung (§ 54 SGB I), zu rechtfertigen. Hier ist dann strengstens das in § 69 verankerte Erforderlichkeitsprinzip zu beachten. Es sind nur die tatsächlich zur Aufgabenerfüllung des Leistungsträgers erforderlichen Daten zu übermitteln.

Die oftmals berechtigten Interessen der Gläubiger an weiteren Informationen sind insofern nicht relevant. Aus diesem Grund ist die Herausgabe von Anschriften- und Arbeitgeberdaten des Schuldners oder von Kopien vorrangiger Abtretungserklärungen abzulehnen. Auch die Bekanntgabe der Höhe der insgesamt vom Leistungsträger erbrachten Leistung, wenn die Forderung des Gläubigers mit einer Einmalzahlung befriedigt werden kann, ist nicht zulässig.

Im Vorfeld einer Pfändung ist eine Übermittlung nicht zulässig.

 

Rz. 32

Abs. 1 Satz 2 bezieht sich nur auf Erklärungspflichten, die das Vollstreckungsrecht vorsieht. Soweit also eine Übermittlung von Sozialdaten an Abtretungsgläubiger nach § 53 SGB I ansteht, richtet sich die ebenfalls gegebene Zulässigkeit der Übermittlung nach § 69 Abs. 1 Nr. 1.

 

Rz. 33

Eine Besonderheit besteht bei der Vorlage von Pfändungs- und Überweisungsverfügungen von öffentlichen Stellen. Hier gelten zunächst die vorstehenden Ausführungen zu Abs. 1 Satz 2 und § 69. Gleichrangig daneben steht jedoch die Übermittlungsbefugnis des § 74a Abs. 1. Sofern die öffentlich-rechtliche Forderung mindestens 500,00 EUR beträgt, könnten in einem solchen Fall Anschriften- und Arbeitgeberdaten oder andere zulässig nach § 74a Abs. 1 zu übermittelnde Daten auf Anfrage mitgeteilt werden.

 

Rz. 34

Hinweis: Seit dem 1.1.2013 bietet § 74a Abs. 2 die Befugnis zur Übermittlung bestimmter Sozialdaten an Gerichtsvollzieher zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens, dem zu vollstreckende Ansprüche von mindestens 500,00 EUR zugrunde liegen (vgl. Komm. zu § 74a).

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