Rz. 31
Abs. 4 Satz 1 fordert vor einer Datenübermittlung nach Abs. 1 und der weiteren Verarbeitung und Übermittlung nach Abs. 2 die vorherige Genehmigung durch "die für den Bereich, aus dem die Daten herkommen", zuständige oberste Bundes- oder Landesbehörde.
Ist die fachlich zuständige Bundes- oder Landesbehörde nicht zugleich auch zuständig für die Forschung, so ist gemäß den Geschäftsordnungen der Bundes- und Landesregierung auch diese Stelle zu beteiligen.
Rz. 32
Abs. 4 enthält keine Aussage dazu, wer die Genehmigung der obersten Bundes- oder Landesbehörde einzuholen hat oder dazu berechtigt ist. In Satz 2 wird jedoch ausdrücklich von "Anträgen von Versicherungsträgern" gesprochen, allerdings begrenzt auf die Träger nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung) oder von deren Verbänden, sodass diese eindeutig antragsberechtigt sind. Für die Antragstellung durch die Sozialleistungsträger spricht auch, dass die Genehmigung von deren oberste Bundes- oder Landesbehörde eingeholt werden muss, da es sich um Sozialdaten aus ihrem Bereich handelt.
Aus der Gesetzesbegründung zu § 75 Abs. 3 a. F. (BT-Drs. 8/4022), seit 25.5.2018 Abs. 5, geht darüber hinaus hervor, dass die Datenempfänger als Adressaten einer möglichen Auflage auch Antragsteller für eine Genehmigung sein müssen. Abs. 5 regelt jedoch nur die Fälle, in denen Daten an nicht-öffentliche Stellen übermittelt werden (Rz. 45).
Die Gesetzesbegründung zu Abs. 2 i. d. F. ab 25.5.2018 (BT-Drs. 18/12611) stellt klar, dass die "Forscher bzw. die Forschungseinrichtung des ursprünglichen Vorhabens müssen hierzu einen Folgeantrag stellen", insoweit erscheint es naheliegend, dass diese auch berechtigt sind, den Erstantrag zu stellen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass ihnen durch Abs. 3 und 4a umfangreiche Verpflichtungen auferlegt wurden.
Im Ergebnis sind also sowohl die Versicherungsträger oder deren Verbände als auch die Datenempfänger (Forscher und Forschungseinrichtungen sowie Planer) zur Antragstellung berechtigt.
Rz. 33
Abs. 4 Satz 2 gestattet, der obersten Bundesbehörde eine Übertragung des Genehmigungsverfahrens auf das Bundesamt für Soziale Sicherung. Bis zum 1.1.2024 war eine Übertragung auf das Bundesversicherungsamt gestattet. Mit dem Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652) wurde das Bundesversicherungsamt in "Bundesamt für Soziale Sicherung" umbenannt. Damit sollte dem gewachsenen Aufgabenspektrum, das sich mit den durch die Reform der Sozialen Entschädigung übertragenen Aufgaben nochmals erweitert, Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drs. 351/19 S. 299). Voraussetzung für die Übertragung ist, dass es sich um den Antrag eines Versicherungsträgers nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV oder deren Verbände handelt; dies sind die Träger der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie die Alterssicherung der Landwirte und die Versicherungszweige der sozialen Pflegeversicherung.
Rz. 34
Der zum 25.5.2018 durch Art. 24 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.7.2017 neu eingefügte Satz 3 sieht als zusätzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Übermittlung von Sozialdaten an eine nicht-öffentliche Stelle und eine weitere Verarbeitung durch eine nicht-öffentliche Stelle vor, dass die Genehmigung nur erteilt werden darf, wenn sich diese gegenüber der Genehmigungsbehörde verpflichtet hat, die Sozialdaten nur für den vorgesehenen Zweck zu verarbeiten.
Eine solche Erklärung ist bei öffentlichen Stellen nicht erforderlich, da diese ohnehin an Recht und Gesetz gebunden und zur Einhaltung des Zweckbindungsgrundsatzes gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 (vgl. die dort. Komm.) verpflichtet sind (BT-Drs. 18/12611).
Rz. 35
Gemäß Abs. 4 Satz 4 darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1, 2 oder 4a nicht vorliegen. Diese Ermessenbeschränkung soll vermeiden, dass die jeweilige politische Spitze über die Genehmigung mittelbar auf die Inhalte der Forschung oder Planung Einfluss nimmt.
Rz. 36
Der Genehmigungsantrag muss das Forschungs- bzw. Planungsprojekt beschreiben. Insbesondere sind dabei die in Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 bis 4 genannten Angaben genau zu bezeichnen. Die Daten der einzelnen betroffenen Personen brauchen dabei nicht vorgelegt werden. Der obersten Bundes- oder Landesbehörde müssen Art und Umfang des Projekts, die vorgesehenen Datenflüsse sowie der Zeitraum der Aufbewahrung der Daten mitgeteilt werden. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die Genehmigung die nach Satz 5 erforderliche Bezeichnung der in den Nr. 1 bis 4 genannten Angaben enthalten kann.
Werden sowohl die Einholung einer Einwilligung als auch alternative Möglichkeiten verneint und wird somit das Forschungs- oder Planungsprojekt ausschließlich auf § 75 Abs. 1 Satz 1 gestützt, sind in dem Genehmigungsantrag die entsprechenden Überlegungen darzustellen und auch zu begründen. ...