Rz. 3
Die Beweislast für das Vorliegen der Privilegierungstatbestände nach Abs. 1 und 2 liegt bei den jeweils begünstigten Schädigern (Brackmann/Krasney, SGB VII, § 107 Rz. 1 mit Bezug auf BGH, zfs 2007 S. 206).
2.1 Gleichstellung von Charterern und Lotsen (Abs. 1)
Rz. 4
Schuldet der Schiffseigner und Reeder auch das Arbeitsentgelt der Besatzung, ist er Unternehmer und damit über § 104 privilegiert (Brackmann/Krasney, SGB VII, § 107 Rz. 5). In der Seefahrt gibt es Vertragsgestaltungen, in denen insbesondere der Charterer eines Schiffs berechtigt bzw. verpflichtet ist, die Crew selbst anzuheuern und zu bezahlen. In diesen Fällen schuldet der Charterer, der kein Unternehmer i.S.d. Unfallversicherung ist, der Crew das Arbeitsentgelt und wird damit Arbeitgeber (Hauch/Nehls, SGB VII, § 107 Rz. 4). Unternehmer bleibt nach § 136 Abs. 3 Nr. 4 der Reeder (Lauterbach/Göttsch, SGB VII, § 107 Rz. 5). Der als Arbeitgeber der Crew fungierende Charterer wird durch Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift in derselben Weise privilegiert wie ein Unternehmer nach § 104 (Schmitt, SGB VII, § 107 Rz. 2).
Rz. 5
Lotsen sind selbständige Unternehmer i.S.d. Unfallversicherung und gehören nicht zur Besatzung des Schiffs, auf dem sie tätig sind (Schmitt, SGB VII, § 107 Rz. 3). Sie haben die Möglichkeit, sich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 freiwillig zu versichern. Verrichten Lotsen auf einem Seeschiff ihren Dienst und verursachen sie einen Versicherungsfall eines Besatzungsmitglieds des Schiffs, sind sie nicht nach § 104 privilegiert; denn die Crew ist nicht im Unternehmen des Lotsen tätig. Auch eine Privilegierung über § 105 scheidet aus, weil der Lotse nicht Betriebsangehöriger des Schiffs ist. Abs. 1 Satz 2 setzt den Lotsen mit den übrigen Betriebsangehörigen i.S.d. § 105 gleich und erreicht so eine mit § 105 gleichgesetzte Haftungsprivilegierung. Das bedeutet insbesondere, dass der Lotse nur geschützt ist, wenn er den Versicherungsfall bei einer betrieblichen Tätigkeit verursacht hat (Lauterbach/Göttsch, SGB VII, § 107 Rz. 6).
2.2 Zusammentreffen mehrerer Unternehmen bei Zusammenstößen (Abs. 2)
Rz. 6
Bei Zusammenstößen mehrerer Seeschiffe auch unterschiedlicher Unternehmer, für die aber die See-Berufsgenossenschaft (seit 1.1.2009: Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft) zuständig ist, gelten §§ 104 und 105 entsprechend. Im Falle eines solchen Zusammenstoßes fingiert Abs. 2 die Zugehörigkeit aller Besatzungsmitglieder aller betroffenen Schiffe zum selben Betrieb. Alle Besatzungsmitglieder aller Schiffe gelten als für alle betroffenen Unternehmer (Reeder) tätig. Das Merkmal der Zugehörigkeit zur See-Berufsgenossenschaft bedingt, dass die Vorschrift keine Anwendung findet bei Zusammenstößen mit Binnenschiffen und ausländischen Schiffen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 107 Rz. 7; Lauterbach/Göttsch, SGB VII, § 107 Rz. 10) und mit Schiffen des Bundes (Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 107). Das Merkmal des Zusammenstoßes ist eng auszulegen. So greift die Vorschrift nicht bei im Hafen liegenden Schiffen, auf denen ein Brand ausgebrochen ist (Lauterbach/Göttsch, SGB VII, § 107 Rz. 8; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 107 Rz. 7).