2.1 Vereinigung von Berufsgenossenschaften
Rz. 3
Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 können sich Berufsgenossenschaften zu einer Berufsgenossenschaft vereinigen. Berufsgenossenschaften sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anl. 1). Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Anl. 2) ist bereits fusioniert. Von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung hiervon nicht erfasst sind damit die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (§ 114 Abs. 1 Nr. 3 bis 9).
Rz. 4
Zu einer Berufsgenossenschaft vereinigen können sich nach Abs. 1 Satz 1 nur Berufsgenossenschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Mindestens 2 Körperschaften des öffentlichen Rechts vereinigen sich daher zu einer (neuen) Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Im Unterschied dazu ermöglicht Abs. 2 die Vereinigung von abgrenzbaren Unternehmensarten einer aufzulösenden Berufsgenossenschaft mit verschiedenen, mindestens 2 Berufsgenossenschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts. In bestehende Körperschaften des öffentlichen Rechts werden folglich abgrenzbare Unternehmensarten einer (aufgelösten) Körperschaft des öffentlichen Rechts eingegliedert.
Rz. 5
Bei gewerblichen Berufsgenossenschaften ist eine Vereinigung nicht auf sich fachlich nahestehende gewerbliche Berufsgenossenschaften beschränkt. Eine solche Tatbestandsreduktion lässt sich Abs. 1 nach der juristischen Methodenlehre nicht entnehmen (a. A.: Platz, in: Lauterbach, UV-SGB VII, Stand Januar 2009, § 118 Rz. 6).
2.2 Beschluss der Vertreterversammlungen
Rz. 6
Als Organ der Selbstverwaltung obliegt der Vertreterversammlung der (jeweiligen) Berufsgenossenschaft die Beschlussfassung über die Satzung und sonstiges autonomes Recht dieses Sozialversicherungsträgers sowie in den übrigen durch Gesetz oder sonstiges für ihn maßgebendes Recht vorgesehenen Fällen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Der Beschluss i. S. v. Abs. 1 Satz 1 fällt unter die zuletzt angeführte Kategorie.
Das Verfahren hin zu dem Beschluss richtet sich nach der Satzung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 34 SGB IV) der jeweiligen Berufsgenossenschaft. Für die Beschlussfassung gelten § 1 Abs. 1 Satz 1, § 64 SGB IV.
2.3 Genehmigung
2.3.1 Zuständigkeit vor der Vereinigung
Rz. 7
Der Beschluss muss von der/den vor der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde(n) genehmigt werden (Abs. 1 Satz 2). Bei der Genehmigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X), der gegenüber der Berufsgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts Außenwirkung hat. Bei dieser Genehmigung handelt es sich um staatliche Mitwirkung bei Beschlussfassungen als bestimmtes Verwaltungshandeln eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand November 2004, Kz. 200 S. 1; Fattler, in: Hauck/Noftz, SGB IV, Stand April 2021, K § 87 Rz. 5).
Die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des jeweiligen Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bestimmt sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1, § 90 SGB IV. Über die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines (Bundes-)Landes hinaus erstreckt und kein Fall von Art. 87 Abs. 2 Satz 2 GG i. V. m. § 116 Abs. 2, § 117 Abs. 2 vorliegt (sog. bundesunmittelbare Versicherungsträger), führt die Aufsicht das Bundesversicherungsamt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Aufsicht über die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines (Bundes-)Landes erstreckt oder ein Fall von Art. 87 Abs. 2 Satz 2 GG i. V. m. § 116 Abs. 2, § 117 Abs. 2 vorliegt (sog. landesunmittelbare Versicherungsträger), führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden; die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die obersten Landesbehörden weiter übertragen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 90 Abs. 2 SGB IV).
Rz. 8
Der Umfang der Prüfung im Vorfeld der Genehmigungserteilung gegenüber der Selbstverwaltungskörperschaft ergibt sich wegen des Grundsatzes des Vorbehaltes des Gesetzes (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG, § 31 SGB I) anhand der jeweiligen Ermächtigungsgrundlage – entweder ausdrücklich oder mittels Auslegung (vgl. auch BSGE 103 S. 106 ff.). Nach Abs. 1 Satz 2 ist die Aufsichtsbehörde nur zur Rechtmäßigkeitsprüfung, nicht aber zur Zweckmäßigkeitskontrolle befugt. Der Wortlaut ist zwar nicht eindeutig. Allerdings ist der Beschluss nach Abs. 1 Satz 1 (ggf. i. V. m. Abs. 2), der genehmigt werden muss, Voraussetzung für die freiwillige Entscheidung einer Berufsgenossenschaft, mit einer anderen zu fusionieren bzw. abgrenzbare Unternehmensarten mit mehreren Berufsgenossenschaften zu vereinigen. Um den mit § 118 verfolgten Zweck, freiwillige Zusammenschlüsse von Berufsgenossenschaften zu ermöglichen, weitestgehend zu erreichen, sind die Gestaltungsentscheidungen einer solchen Selbstverwaltungskörperschaft nur eingeschränkt und damit nur auf ihre R...