Rz. 15
Nach Abs. 1 Satz 3 haben die beteiligten Berufsgenossenschaften der nach der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde zwingend eine Vereinbarung über die Gefahrtarif- und Beitragsgestaltung vorzulegen.
Diese Vereinbarung kann gemäß Abs. 1 Satz 4 HS 1 für eine Übergangszeit von höchstens 12 Jahren unterschiedliche Berechnungsgrundlagen für die Beiträge oder unterschiedliche Beiträge und getrennte Umlagen für die bisherigen Zuständigkeitsbereiche der vereinigten Berufsgenossenschaften vorsehen.
Hintergrund dieser Regelungen ist, dass eine Vereinigung von Berufsgenossenschaften für einzelne Unternehmenszweige zu Beitragsverwerfungen führen kann. Grund dafür sind der gemeinsame Gefahrtarif und die gemeinsame Umlageziffer, die die bislang nach Berufsgenossenschaften getrennten Risiken zusammenfassen. Damit Beitragsvorteile oder Beitragsnachteile einzelner Unternehmenszweige einer Vereinigung nicht entgegenstehen, eröffnet Abs. 1 Satz 4 die Möglichkeit, für eine Übergangszeit von höchstens 12 Jahren unterschiedliche Berechnungsgrundlagen für die Beiträge einerseits oder unterschiedliche Beiträge und Umlagen andererseits für die bisherigen Zuständigkeitsbereiche der vereinigten Berufsgenossenschaften vorzusehen.
Rz. 16
Der Zeitraum einer möglichen Übergangsperiode von bis zu 12 Jahren ist als erforderlich angesehen worden, um die im gewerblichen Bereich, insbesondere bei unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, bestehenden erheblichen Beitragsunterschiede in angemessener Stufung anzugleichen (vgl. BT-Drs. 14/9442 S. 51). Aus dem Wortlaut von Abs. 1 Satz 4 HS 1 ("… höchstens zwölf Jahren …") und der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Intention, bestehende erhebliche Beitragsunterschiede in angemessener Stufung anzugleichen (BT-Drs., a. a. O.), folgt, dass die Angleichung nicht erst nach 12 Jahren erfolgen kann (vgl. auch Platz, in: Lauterbach, UV-SGB VII, Stand Januar 2009, § 118 Rz. 18).
Rz. 17
Denknotwendig nicht die an der Vereinigung beteiligten Berufsgenossenschaften, sondern die Vertreterversammlung der neu errichteten Berufsgenossenschaft, kann gemäß Abs. 4 Satz 2 mit Genehmigung (Verwaltungsakt i. S. v. § 31 Satz 1 SGB X) des Bundesamtes für Soziale Sicherung im letzten Jahr der Geltungsdauer der Regelung nach Satz 1 beschließen, die Geltung abweichend von Abs. 1 Satz 4 HS 1 über den Zeitraum von 12 Jahren hinaus für jeweils höchstens 6 weitere Jahre zu verlängern, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen vorliegen:
- eine der vereinigten Berufsgenossenschaften war im Umlagejahr 2007 ausgleichsberechtigt nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 in der am 31.12.2007 geltenden Fassung (der Rentenlastsatz einer gewerblichen Berufsgenossenschaft übersteigt das 4,5fache des durchschnittlichen Rentenlastsatzes der Berufsgenossenschaften oder der Entschädigungslastsatz einer gewerblichen Berufsgenossenschaft übersteigt das 5fache des durchschnittlichen Entschädigungslastsatzes der Berufsgenossenschaften) und
- ohne die Fortgeltung (der bisherigen Regelung) würde bei mindestens einem der bisherigen Zuständigkeitsbereiche der vereinigten Berufsgenossenschaften im Umlagejahr vor dem Beschluss die auf diesen Bereich entfallende anteilige Gesamtbelastung um mehr als 5 % ansteigen.
Mit der Verweisung in Abs. 4 Satz 2 auf dessen Satz 1 wird auf die Vereinbarung über die Gefahrtarif- und Beitragsgestaltung nach Abs. 1 Satz 3 Bezug genommen. Im letzten Jahr der Geltungsdauer ist dann allerdings nicht zwingend nur im 12. Jahr (a. A.: Diel, in: Hauck, SGB VII, Stand Januar 2021, § 118 Rz. 30), sondern in dem nach der Vereinbarung der beteiligten Berufsgenossenschaften letzten Jahr, das das 12., aber auch ein früheres sein kann.
Rz. 18
Die Vereinbarung über die Gefahrtarif- und Beitragsgestaltung nach Abs. 1 Satz 3 kann insgesamt zweimal verlängert werden (Abs. 4 Satz 2: "…für jeweils höchstens sechs weitere Jahre …"). Die zweite Verlängerung muss aber nicht zwingend im 6. Jahr der neuen Geltungsdauer erfolgen.
Rz. 19
Für Entschädigungslasten, die auf Versicherungsfällen vor der Vereinigung (Zeitpunkt der Wirksamkeit nach Abs. 1 Satz 6) beruhen, kann die Vereinbarung über die Gefahrtarif- und Beitragsgestaltung zwischen den beteiligten Berufsgenossenschaften darüber hinaus Regelungen für eine unbegrenzte Zeitdauer vorsehen (Abs. 1 Satz 4 HS 2).
In dieser Vereinbarung der beteiligten Berufsgenossenschaften – aber auch in der Satzung der neu errichteten Berufsgenossenschaft – kann weiter geregelt werden, dass die Rentenlasten und die Rehabilitationslasten sowie die anteiligen Verwaltungs- und Verfahrenskosten, die nach § 178 Abs. 1 bis 3 von der neu errichteten Berufsgenossenschaft zu tragen sind, auf die bisherigen Zuständigkeitsbereiche der vereinigten Berufsgenossenschaften in dem Verhältnis der Lasten verteilt werden, als ob eine Vereinigung nicht stattgefunden hätte (Abs. 4 Satz 1).