Rz. 3
Von der Verordnungsermächtigung gemäß Abs. 1 Satz 1 ist bisher kein Gebrauch gemacht worden. Somit gilt bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach wie vor der Bundesratsbeschluss v. 21.5.1885 (Bekanntmachung v. 22.5.1885, AN 1885 S. 143), ergänzt durch weitere Beschlüsse (AN 1886 S. 50; 1896 S. 363; 1901 S. 621) sowie insbesondere die Verordnung der Reichsregierung über Versicherungsträger in der Unfallversicherung v. 30.10.1923 (RGBl. I S. 1063). Aufgrund des Bundesratsbeschlusses v. 21.5.1885 wurden die Berufsgenossenschaften geschaffen und gleichzeitig ihre sachliche Zuständigkeit voneinander abgegrenzt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 30.1.1975, 2 RU 119/74; Urteil v. 4.8.1992, 2 RU 5/91) gilt diese vorkonstitutionelle Verordnung als Bundesrecht nach Art. 80 GG i. V. m. Art. 129 GG fort.
Rz. 4
Seit dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) v. 30.4.1963 (BGBl. I S. 241) bedurfte es zur Errichtung, Auflösung oder Bestandsänderung einer Berufsgenossenschaft eines Gesetzes nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG. Gleichzeitig wurde in Art. 4 § 11 UVNG geregelt, dass jeder Träger der Unfallversicherung für die bisher bei ihm versicherten Unternehmen zuständig blieb.
Rz. 5
In der Praxis bietet das alphabetische Verzeichnis des Reichsversicherungsamtes (AN 1885 S. 254; fortgeführt AN 1886 S. 134; 1903 S. 404; 1906 S. 477) eine Übersicht über die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften.
Rz. 6
Zur Behandlung der Zuständigkeit für sog. Gesamtunternehmen vgl. BSG, SozR 2200 § 667 RVO Nr. 2 sowie die Komm. zu § 131 und § 136.
Rz. 7
Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift beschreibt die Anforderungen an eine die Zuständigkeit ändernde Rechtsverordnung mithilfe einer Junktimklausel. Tritt durch die Regelung in der Rechtsverordnung eine Zuständigkeitsänderung ein und werden bestehende Versicherungsverhältnisse betroffen, so muss in der Änderungsverordnung gleichzeitig der Risikoausgleich zwischen dem neuen und dem alten Unfallversicherungsträger geregelt werden. Dies geschieht, indem bestimmt wird, in welchem Umfang die bisher zuständige Berufsgenossenschaft Betriebsmittel und Geldmittel aus der Rücklage an die nunmehr zuständige Berufsgenossenschaft zur Abdeckung des Risikos zu übertragen hat.
Rz. 8
Betriebsmittel sind i. S. v. § 81 SGB IV kurzfristig verfügbare Finanzreserven der Berufsgenossenschaft, um Einnahme- und Ausgabeschwankungen auszugleichen. Da die Beiträge in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung gemäß § 152 Abs. 1 Satz 2 erhoben werden, muss die Vorfinanzierung des aktuellen Finanzbedarfes für das laufende Kalenderjahr gewährleistet sein. Die Rücklage erfüllt den Zweck einer "eisernen" Reserve und dient den Versicherungsträgern zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten in beitragsschwachen Zeiten. Die Rücklage ist im Gegensatz zu den Betriebsmitteln eine mittel- und langfristige Geldanlage. Hinsichtlich der rechtlich möglichen und zulässigen Anlageformen wird auf § 83 SGB IV verwiesen.
Rz. 9
Nach Abs. 2 bleibt es bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach Abs. 1 bei den jetzigen Zuständigkeiten. Aus der Verbindung mit Abs. 1 ergibt sich die Priorität des Katasterfriedens zwischen den gewerblichen Berufsgenossenschaften.