2.1 Normzweck
Rz. 5
Grundsätzlich gewährt die Unfallversicherung nur Ersatz für Körperschäden (vgl. §§ 8 und 9). § 13 stellt deshalb eine Ausnahme zugunsten besonders schutzwürdiger Personen dar, die bei ihrem uneigennützigen Einsatz zugunsten Dritter, des Staates oder der Rechtsordnung einen Sachschaden erleiden oder Aufwendungen treffen (vgl. Vollmar, WzS 1976 S. 265). Nach der Gesetzesbegründung zu § 765a RVO sollen dem Nothelfer, der in gewissem Umfang auch zum Wohl der Allgemeinheit tätig wird, die Mühen und Risiken bei der Verwirklichung der ihm zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche aus unerlaubter Handlung, Gefährdungshaftung oder Geschäftsführung ohne Auftrag (BGH, Urteil v. 10.10.1984, IVa ZR 167/82, BGHZ 92, 270) abgenommen werden, indem ihm ein von den Regelungen des bürgerlichen Rechts unabhängiger Anspruch gegen den Unfallversicherungsträger verschafft wird. Es handelt sich um einen Aufopferungsanspruch (Christmann, Diss. 2005, S. 130). Die möglichen bürgerlich-rechtlichen Ansprüche bleiben hiervon unberührt (BR-Drs. 352/74 S. 17 zu § 765a RVO). Den in § 13 Genannten sollen Aufwendungen in großzügigerem Maßstab als Verbrechensopfern ersetzt werden (BR-Drs. 352/74 S. 17 zu § 765a RVO; vgl. auch: Rapp, in: LPK-SGB VII, § 13 Rz. 2).
2.2 Struktur des Versicherungsfalls
Rz. 6
Die Struktur des Versicherungsfalles lässt sich grafisch wie folgt darstellen (vgl. BSG, Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 11/04 R, NZS 2006 S. 154; zum Kausalzusammenhang: Wallerath/Rühr, NZS 2007 S. 63):
Versicherte Tätigkeit |
→ |
Unfallbringende Verrichtung |
→ |
Sachschaden oder Aufwendung |
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Innerer Zusammenhang |
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Kausalzusammenhang i. S. d. rechtlich wesentlichen Ursache |
|
2.2.1 Versicherte Tätigkeit
Rz. 7
Ersatzberechtigt sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 11a, Nr. 12 und Nr. 13a und c versicherte Personen bei der versicherten Tätigkeit. D.h., wie bei der Prüfung des Arbeitsunfalls muss eine Verrichtung vorliegen, die einen inneren sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit aufweist. Dabei handelt es sich um Diensthandlungen für den Staat (außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses, z. B. Schülerlotsen), Unfallhelfer, Lebensretter und Strafverfolger oder Nothelfer (vgl. Bonnermann, Kompass 1999 S. 57; Komm. zu § 2).
Rz. 8
Blut- und Gewebespender nach § 2 Abs. 1 Nr. 13b sind nicht erfasst. Obwohl diese zum Wohl der Allgemeinheit tätig werden und deren Ausschluss nicht sachlich gerechtfertigt erscheint, scheidet eine Analogie aus (ebenso: Rapp, in: LPK-SGB VII, § 13 Rz. 5). Allerdings findet nach der Rechtsprechung des BGH (Urteile v. 14.3.2006, VI ZR 279/04, NJW 2006 S. 2108; v. 24.1.2006, VI ZR 290/04, NJW 2006 S. 1592; ablehnend: Leube, gesetzliche Unfallversicherung – kein Haftungsausschluss für Blutspendedienste?, VersR 2007 S. 31) der Haftungsausschluss des § 104 Abs. 1 auf einen fremdnützigen Blutspender keine Anwendung. Der Blutspender ist mit einem Nothelfer i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 13a vergleichbar, für den der Haftungsausschluss des § 104 Abs. 1 keine Anwendung findet.
K erlitt bei einer Blutspende durch das Einführen der Kanüle eine Traumatisierung des Hautnervs. Es entwickelte sich ein Neurom, weshalb K zweimal operiert werden musste. K leidet an fortdauernden Schmerzen. Eine vollständige Genesung erscheint nach Sachverständigengutachten unwahrscheinlich. K kann Schadenersatz und Schmerzensgeld nach zivilrechtlichen Vorschriften geltend machen.
Rz. 9
Durch das Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen werden mit Wirkung zum 1.1.2005 Helfer, die sich in einer Hilfsorganisation ehrenamtlich engagieren, mit Unglücks- und Nothelfern, die nicht organisiert tätig werden, gleichgestellt (vgl. BT-Drs. 15/3439, Begründung Nr. 5a S. 6). Allerdings ist der Umfang des Schutzes in Satz 2 und 3 hinsichtlich der Schadensersatzansprüche abweichend geregelt (zu den Voraussetzungen des Schadensersatzes: Klein, inform 2006 S. 10).
Rz. 10
Im Gegensatz zu den anderen im Dritten Abschnitt geregelten Versicherungsfällen ist ein Unfall des Helfers nicht erforderlich. Ausreichend ist allein eine Hilfeleistung nach den § 2 Abs. 1 Nr. 11a, 12, 13a oder c (vgl. Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 13 Rz. 3); die Handlungstendenz muss die objektiven Umstände bestätigen: BSG, Urteil v. 13.9.2005, B 2 U 6/05 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 7 (Schneeräumen für andere Mietpartei ist keine gemeine Gefahr); BSG, Urteil v. 11.12.1980, 2/8a RU 102/78, USK 80300.
2.2.2 Kausaler Sachschaden
Rz. 11
Ersetzt werden die Schäden, die infolge der genannten Tätigkeiten an den im Besitz der Nothelfer befindlichen Sachen entstanden sind. Als Schaden sind alle unfreiwillig erlittenen Beeinträchtigungen des Vermögens anzusehen (ebenso Rapp, in: LPK-SGB VII, § 13 Rz. 6). Das sind alle Sachschäden, die durch die Rettungshandlung rechtlich wesentlich mit verursacht wurden. Dabei kommt es, wegen der Formulierung "an den im Besitz des Nothelfers befindlichen Sachen" nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Auch Sachschäden an fremdem Eigentum werden ersetzt (vgl. Schmitt, SGB VII, § 13 Rz. 3).