0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift geht auf das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) zurück. Inhaltlich ist die Regelung vergleichbar mit den früheren § 658 Abs. 1, § 793 Abs. 2, § 794 Abs. 2 und 3, §§ 853, 855 RVO.
Abs. 4 Satz 1 ist mit dem Dritten Wahlrechtsverbesserungsgesetz v. 29.4.1997 (BGBl. I S. 968) modifiziert worden. Abs. 2a ist durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) mit Wirkung zum 1.1.2012 eingefügt worden.
Abs. 2a wurde durch Art. 7 Nr. 16 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) mit Wirkung zum 1.7.2020 geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt die örtliche Zuständigkeit für diejenigen Unfallversicherungsträger, die regional in selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts gegliedert sind. Dies sind die für das jeweilige Bundesland oder die für eine Kommune zuständigen Unfallversicherungsträger.
Für die gewerblichen Berufsgenossenschaften sowie die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, deren Zuständigkeitsbereiche sich auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken, ist die Vorschrift bedeutungslos.
2 Rechtspraxis
2.1 Unternehmenssitz (Abs. 1)
Rz. 3
Gemäß Satz 1 ist der Sitz des Unternehmens für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblich.
Der Begriff des Unternehmens stellt im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 121 Abs. 1 den Sammelbegriff für Betriebe, Einrichtungen und Tätigkeiten dar. Ein Unternehmen ist jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, die auf einen einheitlichen Zweck gerichtet sind und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden (BSGE 36 S. 111). Dabei ist es nicht erforderlich, dass mit der Tätigkeit wirtschaftliche Zwecke (Gewinnerzielung) verfolgt werden. Entsprechend sind Universitäten, Schulen, Kindergärten oder Behörden im Landes- oder Kommunalbereich Unternehmen i. S. der Begriffsbestimmung.
Rz. 4
Der organisatorische Mittelpunkt des Unternehmens – etwa eines kommunalen Eigenbetriebes – stellt den Unternehmenssitz dar. Von dort wird das Unternehmen in kaufmännischer und technischer Hinsicht geführt. Bei ortsgebundenen Unternehmen wird der organisatorische Mittelpunkt des Unternehmens durch den Sitz der Unternehmensleitung, den Ort der Betriebsanlagen oder bestehender Warenlager oder die Lage etwaig vorhandener Verkaufsstätte(n) bestimmt. Bei örtlich nicht gebundenen Unternehmen (Montagebetriebe) ist auf den Sitz der Unternehmensleitung abzustellen.
Rz. 5
Der im Handels- oder Gewerberegister oder der in der Handwerksrolle eingetragene Unternehmenssitz kann als Beurteilung für den Sitz des Unternehmens herangezogen werden. Werden die Betriebsanlagen und die Geschäftsleitung an einen anderen Ort als den im Handelsregister eingetragenen verlagert, liegen Mittelpunkt und Sitz des Unternehmens an diesem Ort. Die formale Eintragung im Register ist dann ohne Bedeutung. Es kommt somit letztlich auf die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse an.
Rz. 6
Bei größeren Unternehmen mit Zweigniederlassungen ist die Hauptverwaltung (Hauptsitz) des Unternehmens maßgeblich. Auch hier kann eine Handelsregistereintragung nicht in jedem Fall zutreffen. Ist der organisatorische Mittelpunkt in der Unternehmensstruktur nicht genau festgelegt, ist er nach den tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zu ermitteln.
So können etwa Zweigniederlassungen hinsichtlich ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung derart selbständig sein, dass sie den wirtschaftlichen Schwerpunkt bilden, obwohl am Sitz dieser Zweigniederlassung die Hauptverwaltung nicht angesiedelt ist. Andererseits können Zweigniederlassungen in einer Weise in wirtschaftlicher Verflechtung zur Hauptniederlassung stehen, dass sie nicht als gesonderter Betrieb hervorstechen.
Rz. 7
Lässt sich der Unternehmenssitz nicht feststellen und ist ein solcher im Handelsregister nicht eingetragen, gilt nach Satz 2 als Sitz des Unternehmens der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort des Unternehmers.
Rz. 8
Schließen sich mehrere selbständige Unternehmen zur gemeinsamen Erfüllung eines bestimmten Auftrags zu Arbeitsgemeinschaften zusammen, gilt gemäß Satz 3 als Sitz des Unternehmens der Ort der Auftragserfüllung. Da auch eine bloße Tätigkeit als Unternehmen gilt (z. B. nicht gewerbsmäßige Eigenbauarbeiten, Führen eines Kfz), richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort der Tätigkeit.
2.2 Ausländische Unternehmen ohne Sitz im Inland (Abs. 2)
Rz. 9
Abs. 2 betrifft ausländische Unternehmen auf deutschem Boden, die ihren Sitz jedoch nicht in Deutschland haben.
Durch die Verpflichtung zur Bestellung eines Bevollmächtigten, der seinen Sitz im Inland hat, soll gemäß Satz 1 sichergestellt werden, dass für das ausländische Unternehmen ein Verantwortlicher im Inland vorhanden ist. Beim Betrieb eines Seeschiffs hat der inländische Bevollmächtigte seinen Sitz in einem inländischen Seehafen zu haben.
Nach Satz 2 hat der inländische Bevollmächtigte die Pflichten eines ausländischen Unternehmers.
Satz 3 regelt in Anlehnung an A...