Rz. 10
Bei Unfällen, die auf Verstößen gegen eine Unfallverhütungsvorschrift basieren, ist zu beachten:
2.7.1 Allgemeine zivilrechtliche Haftung
Rz. 11
Allein aufgrund der Nichtbeachtung von Unfallverhütungsvorschriften kann eine deliktische Haftung nicht begründet werden. Unfallverhütungsvorschriften sind keine Schutzgesetze nach § 823 Abs. 2 BGB. Allerdings ist im Rahmen der allgemeinen Deliktshaftung bei der Frage der Verkehrssicherungspflicht eine solche hinsichtlich der Einhaltung der Unfallverhütungsvorschrift i. d. R. zu bejahen (vgl. OLG Köln, Urteil v. 28.11.1973, 2 U 27/73).
2.7.2 Strafrechtliche Relevanz
Rz. 12
Auch bei der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verantwortung spiegelt sich die Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften bei der Prüfung der Fahrlässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere bei der Frage der Kausalität wider.
Zur Verantwortung gezogen werden hier zum einem die Inhaber, soweit sie natürliche Personen sind, ansonsten die vertretungsberechtigten Organe oder Gesellschafter (vgl. § 9 Abs. 1 OWiG, § 14 Abs. 1 StGB). Zum anderen sind auch die durch Arbeitsvertrag mit den Aufgaben der Unfallverhütung beauftragten sonstigen Leitungspersonen Normadressaten.
2.7.3 Arbeitsrechtliche Relevanz
Rz. 13
Arbeitsrechtlich besteht eine Pflicht des Arbeitnehmers, sich an die Unfallverhütungsvorschriften zu halten. Verstöße können nach entsprechender Abmahnung für eine verhaltensbedingte Kündigung einen wirksamen Grund darstellen. Auf der anderen Seite hat der Arbeitnehmer das Recht zur Arbeitsverweigerung, wenn der Arbeitgeber nicht die wesentlichen Vorschriften der Unfallverhütung einhält.
Rz. 14
Bei Unfällen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ist zwischen Sachschäden und Personenschäden zu unterscheiden.
Sachschäden am Arbeitgebereigentum hat der Arbeitnehmer nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen über die Arbeitnehmerhaftung zu ersetzen, wobei der Umfang der Haftung vom Fahrlässigkeitsgrad abhängt. Das Nichtbeachten von wesentlichen Unfallverhütungsvorschriften wird dabei i. d. R. als grob fahrlässig zu beurteilen sein.
Für Sachschäden am Arbeitnehmereigentum haftet der Arbeitgeber ohne Einschränkungen dann, wenn der Schadenseintritt auf dem Nichtbeachten von Unfallverhütungsvorschriften durch den Arbeitgeber basiert.
Einer Haftung für Personenschäden an Betriebsangehörigen und sonstigen Versicherten stehen die Haftungsprivilegien aus den §§ 104 ff. entgegen, sodass eine Verletzung der Unfallverhütungsvorschrift (von den Fällen des Vorsatzes abgesehen) sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer in dieser Beziehung ohne Konsequenzen bleibt.
Die Haftung für Verletzungen betriebsfremder Dritter, z. B. Kunden, bleibt davon jedoch unberührt.
2.7.4 Ordnungswidrigkeiten
Rz. 15
Gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 1 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer UVV nach Abs. 1 oder 2 zuwiderhandelt, soweit die UVV für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. Viele UVV enthalten darüber hinaus eigene Bußgeldtatbestände.