0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift beruht auf dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254). Inhaltlich ist sie mit dem früheren § 734 Abs. 2 RVO vergleichbar. Seit ihrer Einführung ist die Regelung unverändert geblieben.
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. vom 7.8.1996 ab 1.1.1997.
1 Allgemeines
1.1 Inhalt der Regelung
Rz. 2
Der Unfallversicherungsträger ist nach Abs. 1 der Vorschrift verpflichtet, eine Neuveranlagung durchzuführen, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vorliegen. Die Bestimmung gilt für eine Neuveranlagung sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Unternehmers. § 160 enthält keinen Vertrauensschutztatbestand. Die Neuveranlagung zu einer ungünstigeren Gefahrklasse enthält grundsätzlich einen anhörungspflichtigen Eingriff (vgl. § 24 SGB X). Die Anhörung kann schriftlich erfolgen.
Rz. 3
Abs. 2 regelt abschließend 2 Fallkonstellationen, für die der Veranlagungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Nr. 1 erfasst insoweit den Fall, dass eine Veranlagung zu einer zu niedrigen Gefahrklasse geführt hat, weil der Unternehmer seine Mitteilungspflichten verletzt hat. Nr. 2 hingegen erfasst den Fall, in dem eine Veranlagung zu einer zu hohen Gefahrklasse geführt hat und dies vom Unternehmer nicht zu vertreten ist.
Rz. 4
Abs. 3 hingegen ordnet für alle anderen Fälle der Aufhebung des Veranlagungsbescheids nur eine Aufhebung für die Zukunft an.
1.2 Normzweck
Rz. 5
Die Vorschrift stellt eine Spezialbestimmung gegenüber denen des SGB X zur Änderung bindender Verwaltungsakte dar (vgl. insoweit §§ 44 ff. SGB X).
1.3 Vorgängervorschriften
Rz. 6
Vorgängervorschrift ist insoweit § 734 Abs. 2 RVO.
1.4 Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen
Rz. 7
Korrespondierende Regelungen sind insoweit insbesondere die Aufhebungsvorschriften nach §§ 44 ff. SGB X.
Rz. 8
Weiter sind §§ 17, 18 zu beachten. Die Vorschriften regeln die Überwachung und Beratung und die verpflichtende Beschäftigung von Aufsichtspersonen. Mit diesen Regelungen stellt der Unfallversicherungsträger sicher, dass er Kenntnis von den betrieblichen Verhältnissen der Unternehmer erlangen kann, und zwar auch losgelöst von deren Mitteilungs- und Auskunftspflichten.
Rz. 9
Außerdem sind die in § 192 Abs. 2 Nr. 2 und in § 159 Abs. 2 Satz 1 geregelten Mitteilungs- und Auskunftspflichten des Unternehmers zu berücksichtigen.
2 Rechtspraxis
2.1 Grundregel (Abs. 1)
Rz. 10
Abs. 1 regelt die Aufhebung des Veranlagungsbescheides bei Änderungen der Unternehmensverhältnisse.
Rz. 11
Voraussetzung dafür ist die fehlende Übereinstimmung der Veranlagung mit den tatsächlichen Verhältnissen aufgrund gewandelter Tatsachen. Das kann z. B. bei Änderungen der Produktionsverhältnisse oder Aufgabe von bestimmten Unternehmensteilen der Fall sein. Die Änderung der Veranlagung ist in diesen Fällen von der Änderungsmitteilung durch den Unternehmer abhängig. Der Veranlagungsbescheid wird mit Beginn des Monats aufgehoben, der der Änderungsmitteilung durch den Unternehmer folgt; Aufhebungszeitpunkt.
2.2 Aufhebung für die Vergangenheit (Abs. 2)
Rz. 12
Abs. 2 führt ausschließlich die Fälle auf, in denen der Veranlagungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit abweichend von Abs. 1 aufgehoben wird. In diesen Fällen ist eine Neuveranlagung ab Beginn der Unrichtigkeit vorzunehmen. Dies gilt sowohl für laufende als auch abgelaufene Tarifperioden. Erfasst werden folgende Fallgruppen:
- eine Verletzung einer Mitteilungspflicht des Unternehmers führt zu einer Veranlagung zu einer zu niedrigen Gefahrklasse; Nr. 1,
- die Veranlagung zu einer zu hohen Gefahrklasse von den Unternehmern nicht zu vertreten; Nr. 2.
2.2.1 Verletzung von Mitteilungspflichten nach § 159 Abs. 2 Satz 1 (Nr. 1)
Rz. 13
Ein Veranlagungsbescheid wird mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, soweit die Veranlagung zu einer zu niedrigen Gefahrklasse geführt hat oder eine zu niedrige Gefahrklasse beibehalten worden ist, weil die Unternehmer ihren Mitteilungspflichten nicht nachgekommen sind oder ihre Angaben in wesentlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 1).
Rz. 14
Voraussetzungen im Einzelnen sind:
- Verletzung einer unternehmerischen Mitteilungspflicht,
- Veranlagung zu einer zu niedrigen Gefahrklasse oder niedrige Gefahrklasse beibehalten und
- Kausalität zwischen 1. und 2.
Rz. 15
Die Verletzung unternehmerischer Mitteilungspflichten nach Nr. 1 ist verschuldensunabhängig. Lediglich erforderlich ist die Zurechnung der mitgeteilten Tatsache auf den Unternehmer. Der Unternehmer muss die Mitteilung veranlasst haben.
Rz. 16
Weiterhin ist die Verletzung der Mitteilungspflicht in allen Varianten denkbar. Sowohl der Informationsgang als auch die Information selbst kann Gegenstand der Verletzung sein. So kann die notwendige Information entweder gar nicht gegeben worden oder auch nicht rechtzeitig erfolgt sein. Auch kann die Information zwar rechtzeitig gegeben worden sein, aber unrichtig oder unvollständig sein.
Rz. 17
Die Verletzung einer unternehmerischen Mitteilungspflicht ist etwa bei objektiv falschen Angaben des Unternehmers über die Unternehmensverhältnisse der Fall.
Rz. 18
Die Darlegungs- und Beweislast für eine solche Verletzung der Mitwirkungspflicht liegt aber beim Unfallversicherungsträger, der die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides darzulegen und zu beweis...