0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde geschaffen durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254). Sie fasst inhaltlich die früheren §§ 737 bis 739 RVO zusammen. Als Neuregelung kam Abs. 4 hinzu. Durch das Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz – LSV-NOG) v. 12.4.2012 (BGBl. I S. 579) ist mit Wirkung zum 1.1.2013 Abs. 1 Satz 1 geändert sowie Abs. 2 Satz 2 gestrichen worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Zweck der Vorschrift ist es, überproportionaler Entschädigungslasten, die aufgrund negativer Entwicklungen hinsichtlich Mitgliedschaft und Beitrag bei einer Berufsgenossenschaft zu finanziellen Engpässen geführt haben, solidarisch auf alle Berufsgenossenschaften zu verteilen.
2 Rechtspraxis
2.1 Zusammenlegung und Teilung der Last (Abs. 1)
Rz. 3
Die Möglichkeit der Vergemeinschaftung nach Satz 1 bezieht sich dem Wortlaut nach ausschließlich auf Entschädigungslasten. Somit ist die solidarisch zu verteilende Last lediglich auf unfallbedingte Sach- und Geldleistungen begrenzt. Schieflagen, z. B. aufgrund hoher Verwaltungskosten, sind nicht Regelungsgegenstand der Vorschrift.
Rz. 3a
Die Verteilung, die sich entweder auf die Entschädigungslast insgesamt oder auf Teile davon beziehen kann, soll vertraglich erfolgen (Satz 2). Über die Abrede zur Lastenverteilung entscheidet die Vertreterversammlung der beteiligten Berufsgenossenschaften und bedarf der anschließenden Genehmigung der Aufsichtsbehörde (Satz 3). Aufsichtsbehörde ist seit 2020 das Bundesamt für Soziale Sicherung, das bis 2019 unter dem Namen Bundesversicherungsamt (BVA) firmierte. Die Vereinbarung über die Lastenteilung hat mit Beginn eines Kalenderjahres ihre Wirkung zu entfalten (Satz 4).
Rz. 4
Für die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zu Absprachen hinsichtlich der Zusammenlegung und Teilung der Last nicht vorgesehen.
2.2 Gemeinlast durch Rechtsverordnung (Abs. 2)
Rz. 5
Die Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), eine Verordnung zur Gemeinlast zu erlassen, sichert die Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung bei Nichtzustandekommen einer Vereinbarung nach Abs. 1.
2.3 Verteilung der Gemeinlast (Abs. 3)
Rz. 6
Abs. 3 regelt die Verteilung der gemeinsamen Last auf die Unternehmer. Die Vertreterversammlung der Lasten übernehmenden Berufsgenossenschaft entscheidet, wie die übernommene Last auf die einzelnen Unternehmer umgelegt wird. Soweit die Vertreterversammlung hiervon keinen Gebrauch macht, wird die übernommene Last im Rahmen der üblichen Verteilung auf die Beitragspflichtigen verteilt. Dies geschieht im Wege der nachträglichen Bedarfsdeckung (§152) auf Basis der Beitragsberechnungsgrundlagen gemäß §§ 153 ff.
2.4 Ausgleich bei Unternehmenssitz in Berlin (Abs. 4)
Rz. 7
§ 130 Abs. 2 Satz 4 fingiert Berlin als Sitz aller Unternehmen, die im Inland keinen Unternehmenssitz und auch keinen Bevollmächtigten bestellt haben. In diesen Fällen hätte bei regional gegliederten Unfallversicherungsträgern die für Berlin örtlich zuständige Berufsgenossenschaft Leistungen zu gewähren, ohne dass diesen zu realisierende Beitragsforderungen gegenüberstünden. Der Rechtsanspruch auf Ausgleich ist folgerichtig im Hinblick auf den Solidargedanken innerhalb der gewerblichen Unfallversicherung. Die Einzelheiten des Ausgleichs regeln die Unfallversicherungsträger gemäß Satz 2 durch Vereinbarung.
3 Literatur
Rz. 8
Brackmann/Burchardt, SGB VII, § 173 Rz. 6.
Freischmidt, in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 173 Rz. 4.
Kater/Leube, SGB VII, § 173 Rz. 3.
Schmitt, SGB VII, 3. Aufl., § 173 Rz. 1.