Rz. 55
Weiter als in anderen Bereichen des SGB (allgemein vgl. § 56 Abs. 1 SGB I) werden die Familienangehörigen bei einer Tätigkeit für ein Unternehmen der Landwirtschaft in den Versicherungsschutz der GUV einbezogen (vgl. aber Rz. 44), wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche BG zuständig ist. Die familiäre Beziehung kann, muss aber nicht zum Unternehmer selbst bestehen. Es genügt nach Abs. 4, wenn eine entsprechende familiäre Beziehung zum Ehe- oder Lebenspartner des Unternehmers besteht. Als Familienangehörige i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b sind nach Abs. 4 der Vorschrift folgende Angehörige versichert:
- Verwandte bis zum 3. Grad (§ 1589 BGB), also neben Eltern, Großeltern, Geschwistern, Enkeln auch Nichten und Neffen sowie Onkel und Tanten;
- Verschwägerte bis zum 2. Grad (§ 1590 BGB), d. h. Geschwister und Großeltern und Enkel des Ehe- oder Lebenspartners;
- Pflegekinder i. S. d. § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I, das sind Personen, die mit dem Unternehmer, Ehe- oder Lebenspartner durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind.
Rz. 56
Rechtsgrund des Versicherungsschutzes ist die nicht nur vorübergehende Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen. Zur Erläuterung des Begriffs "nicht nur vorübergehend" stellt das BSG darauf ab, dass die Mitarbeit "regelmäßig" erfolgt. Einer regelmäßigen Tätigkeit steht nicht entgegen, dass diese neben einer anderen Tätigkeit und in geringem Umfang ausgeübt wird (BSG, Urteil v. 31.10.1978, 2 RU 87/76). Nur vorübergehend ist aber die bloße Hilfe bei der Ernte (BSG, a. a. O.). Das BSG bejaht eine regelmäßige Tätigkeit des Angehörigen, wenn sie einen Umfang von i. d. R. 21 Arbeitstagen im Jahr erreicht, auf die Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Jahres kommt es nicht an. Diese Zeitgrenze von 21 Arbeitstagen muss als Untergrenze für den Versicherungsschutz angesehen werden, da sie die Mitarbeit von einer unständigen Beschäftigung abgrenzt (§ 186 Abs. 2 Satz 2 SGB V; a. A. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.2.1994, L 3 U 65/93). Soweit die genannte Zeitgrenze nicht erreicht wird, kann für den Angehörigen Versicherungsschutz bestehen, wenn es sich insoweit um eine Ausnahme handelt (z. B. Ernteausfall), der Mindestumfang sonst aber erreicht wird. Wird der Umfang einer regelmäßigen Tätigkeit von 21 Tagen pro Jahr nicht erreicht, kommt alternativ auch ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 (Wie-Beschäftigte) in Betracht.
Rz. 57
Für die Frage, ob eine regelmäßige Mitarbeit vereinbart bzw. gewollt ist, kann auf den Umfang der Mitarbeit in der Vergangenheit abgestellt werden. Wird aber die Tätigkeit erst aufgenommen, ist auf den Willen des Unternehmers und des mitarbeitenden Familienangehörigen abzustellen. Unfallversicherungsschutz ist zu verneinen, wenn ein Familienangehöriger i. S. d. Abs. 4 zwar in einem landwirtschaftlichen Betrieb verunglückt, dieser aber keine versicherte Tätigkeit nach Nr. 5 ausgeübt hat oder dies nicht zu beweisen ist (BSG, Urteil v. 13.8.2002, B 2 U 33/01 R). Ein Kind ist bei einer Tätigkeit im elterlichen Betrieb nur dann als mitarbeitender Angehöriger versichert, wenn es eine ernsthafte und nutzbringende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 29.10.2008, L 14 U 180/08; vgl. auch BSG, Urteil v. 27.2.2012, B 2 U 5/11 R). Auf das Merkmal des "wirtschaftlichen Werts" sollte in dem Zusammenhang aber aus systematischen Gründen verzichtet werden, weil es auch für die Mitarbeit anderer Personen nicht herangezogen und im Übrigen nur bei der Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 verwendet wird.