2.1 Ärztliche Behandlung
Rz. 2
Wenn wegen der Folgen eines Versicherungsfalls ärztliche Behandlung erforderlich ist, erbringen die Unfallversicherungsträger ärztliche Behandlung. Die ärztliche Behandlung umfasst alle vertragsärztlichen Tätigkeiten, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig sind. Ärztliche Behandlung wird grundsätzlich nur von approbierten Ärzten erbracht (Arztvorbehalt). Zur ärztlichen Behandlung gehören Beratung, Diagnosestellung und Therapie. Ärztliche Behandlung kann ambulant oder stationär in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen erbracht werden (vgl. § 33). Unter den Begriff der ärztlichen Behandlung fällt auch die psychotherapeutische Behandlung durch einen psychologischen Psychotherapeuten. Voraussetzung ist, dass eine Zulassung zur psychotherapeutischen Behandlung vorliegt (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Ärztliche Behandlung wird ohne zeitliche und finanzielle Begrenzung solange gewährt, wie eine Besserung der Verletzungsfolgen oder der Erwerbstätigkeit zu erwarten ist oder besondere Maßnahmen erforderlich sind, um eine Verschlimmerung zu verhüten oder körperliche Beschwerden zu beheben. Ein Abbruch der einmal eingeleiteten Heilbehandlung ist nur möglich, wenn feststeht, dass kein Versicherungsfall der Unfallversicherung vorliegt.
Rz. 3
Die Tätigkeit der Ärzte muss den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen, d. h. den anerkannten Grundsätzen und Methoden der Medizin (Abs. 2). Der allgemein anerkannte Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisse muss hierbei berücksichtigt werden. Auf die vom Arzt angewandte Methode kommt es nicht an (Methoden- und Therapiefreiheit). Einerseits ist der Arzt nicht an die Erkenntnisse der Schulmedizin gebunden, andererseits dürfen die Erkenntnisse der Schulmedizin bei lebensgefährlichen Verletzungen und Erkrankungen nicht ignoriert werden (BGH, Urteil v. 3.5.1962, 1 StR 18/62, NJW 1962 S. 1780).
Rz. 4
Die ärztliche Behandlung umfasst nur solche ärztliche Maßnahmen, die erforderlich und zweckmäßig sind. Im Gegensatz dazu umfasst die ärztliche Behandlung im Recht der Krankenversicherung lediglich ausreichende und zweckmäßige Maßnahmen. Auch die ärztliche Behandlung wird demnach nach dem Grundsatz "mit allen geeigneten Mitteln" erbracht.
Rz. 5
Verschlimmerungen der Unfallfolgen durch Behandlungsfehler sind als mittelbare Folgen eines Versicherungsfalls zu berücksichtigen (vgl. § 11).
2.2 Zahnärztliche Behandlung
Rz. 6
Für die zahnärztliche Behandlung gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Zahnärzte behandeln Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV) und Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft haben am 1.1.2022 mit der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) ein Abkommen über die Durchführung der zahnärztlichen Versorgung von Unfallverletzten und Berufserkrankten abgeschlossen.
Rz. 7
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV) und Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft haben am 1.7.2021 mit der kassenärztlichen Bundesvereinigung einen Vertrag gemäß § 34 Abs. 3 über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger) abgeschlossen.
2.3 Hilfeleistung anderer Personen
Rz. 8
Die Hilfeleistung anderer Personen gehört zur ärztlichen Behandlung nur, soweit sie vom Arzt angeordnet und verantwortet wird, wie z. B. die Leistungserbringung durch Krankenschwestern oder medizinisch-technisches Assistenzpersonal.
2.4 Durchgangsarztverfahren
Rz. 9
Grundsätzlich ist in der Unfallversicherung wie in der Krankenversicherung die Freiheit der Arzt- und Krankenhauswahl gewährleistet. Jedoch ist die Freiheit der Arztwahl insofern eingeschränkt, soweit Art und Schwere der Erkrankung eine besondere Heilbehandlung erfordern. Die Versicherten müssen sich auf einen vom Unfallversicherungsträger zur Behandlung von Unfallverletzten zugelassenen Arzt in der Nähe ihres Wohnorts verweisen lassen. Damit soll zum Wohl der Versicherten eine möglichst schnelle und gründliche Heilung gesichert werden.
Rz. 10
Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben bedienen sich die Unfallversicherungsträger vor allem des Durchgangsarzt-Verfahrens. Das D-Arzt-Verfahren ist in §§ 24 bis 29 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger geregelt. Im Rahmen des D-Arzt-Verfahrens soll jeder Unfallverletzte zunächst einem Durchgangsarzt (D-Arzt) vorgestellt werden, der auf die Diagnose von Unfallverletzten spezialisiert ist und darüber entscheidet, ob eine fachärztliche oder besondere unfallmedizinische Versorgung erforderlich ist. Die Unfallversicherungsträger unterhalten daneben eigene Unfallkliniken, Krankenhäuser für Berufskrankheiten, ferner eine Reihe von durch die Unfallversicherungsträger finanzierte oder finanziell unterstützte Sonderstationen in Allgemeinkrankenhäusern.
Rz. 11
Der D-A...