2.3.1 Pflegegeld als Geldleistung
Rz. 9
Liegen die Voraussetzungen des § 44 vor, wird Pflegegeld gezahlt, eine Pflegekraft gestellt (Hauspflege) oder Heimpflege gewährt (vgl. § 44 Abs. 1).
Abs. 1 nennt an erster Stelle die Zahlung von Pflegegeld. Anders als nach der Vorgängervorschrift des § 558 RVO a. F. wird Pflegegeld nicht anstelle der Pflege als Sachleistungssurrogat gezahlt, sondern als Geldleistung. Die Gestellung einer Pflegekraft oder die Gewährung von Heimpflege werden als (zusätzliche) Sachleistungen genannt. Das Pflegegeld wird nicht als Entgelt für Pflegeaufwand gewährt, sondern als Anreiz für den Erhalt der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbarn (Römer, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 44 Rz. 31 mit Hinweis auf die Begründung zum Pflege-Versicherungsgesetz – PflegeVG in BT-Drs. 12/5262 S. 112). Dies hat zur Folge, dass das Pflegegeld unabhängig von der Höhe der für den Pflegeaufwand entstehenden Kosten zu zahlen ist. Als Geldleistung geht ein fälliger Anspruch auf die Geldleistung gemäß § 56 Abs. 1 SGB I auf Sonderrechtsnachfolger über. Gemäß § 97 Nr. 1 erhalten auch Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, Pflegegeld.
2.3.2 Beginn und Ende des Anspruchs
Rz. 10
Pflegegeld wird gezahlt und die Pflegesachleistungen werden gemäß Abs. 1 gewährt, "solange Versicherte infolge des Versicherungsfalls so hilflos sind, ...". Daher entsteht der Anspruch mit dem Entstehen der Voraussetzungen nach Abs. 1, also mit dem Entstehen der Hilflosigkeit. Entfällt die Hilflosigkeit, so endet die Voraussetzung für die Zahlung von Pflegegeld. Wurde zuvor Pflegegeld bewilligt, so bildet jedoch dieser Verwaltungsakt die Rechtsgrundlage für die Pflegegeldzahlung und kann nur nach Maßgabe von § 48 SGB X für die Zukunft, oder bereits vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse die Bewilligung aufgehoben werden. Stirbt der Versicherte während des laufenden Monats, so wird nach der Verwaltungspraxis der Unfallversicherungsträger das Pflegegeld bis zum Monatsende gezahlt, obwohl eine § 73 Abs. 2 entsprechende Regelung fehlt.
2.3.3 Höhe des Pflegegeldes
Rz. 11
§ 44 Abs. 2 Satz 1 und 2 legen den Rahmen für den Monatsbetrag des Pflegegeldes fest. Hierbei sind 3 Kriterien maßgeblich:
- Art oder Schwere des Gesundheitsschadens,
- Umfang der erforderlichen Hilfe und
- Rahmen zwischen Mindest- und Höchstbetrag, der jährlich dynamisiert wird .
Abs. 2 Satz 1 benennt den monatlichen Mindestbetrag von 300,00 EUR und den monatlichen Höchstbetrag von 1.196,00 EUR bezogen auf den 1.7.2008. Dieser Betragsrahmen wird nach Maßgabe von Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 und 6 jährlich dynamisiert.
Rz. 12
Anhand dieser Kriterien und innerhalb dieses Rahmens bemisst der Unfallversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall die Höhe des Pflegegeldes. Als Ermessensleitlinien und als Empfehlungen dienen den Unfallversicherungsträgern die Anhaltspunkte für die Bemessung des Pflegegeldes (AHP) bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vom 12.3.2020 (https://www.dguv.de/medien/inhalt/reha_leistung/pflege/2020-06-15_anhaltspkte-zur-pflegegeldbem.-au-bk-_stand-12.03.2020.pdf). Diese gehen von der Diagnose und der Minderung der Erwerbsfähigkeit (vgl. § 56) aus und unterscheiden zwischen den Kategorien I (100 bis 80 %) bis IV (40 bis 25 %). Ferner werden Einzeleinstufungen des Pflegegeldes differenziert nach Verletzungsfolgen und Funktionsbeeinträchtigungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vorgenommen.
2.3.4 Erhöhung des Pflegegeldes
Rz. 13
Wenn die Aufwendungen für die Pflegekraft das Pflegegeld übersteigen, kann dieses gemäß Abs. 2 Satz 3 angemessen erhöht werden. Den Erhöhungsbetrag muss der Versicherte zweckentsprechend einsetzen.
2.3.5 Anpassung des Pflegegeldes (Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 und 6)
Rz. 14
Gemäß Abs. 2 Satz 2 wird das Pflegegeld jeweils zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden, angepasst. Die jährliche Anpassung erfolgt gemäß Abs. 4 entsprechend dem Faktor, der für die Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen (z. B. die Rente) maßgeblich ist. Gemäß Abs. 6 setzt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates jährlich die Mindest- und Höchstbeträge und den Anpassungsfaktor in einer Rechtsverordnung fest.
Folgende Mindest- und Höchstbeträge gelten für folgende Zeiträume:
Mindest- und Höchstbeträge
Zeitraum |
Mindestbetrag West |
Höchstbetrag West |
Mindestbetrag Ost |
Höchstbetrag Ost |
ab 1.7.2022 |
408,00 EUR |
1.624,00 EUR |
395,00 EUR |
1.585,00 EUR |
ab 1.7.2021 |
387,00 EUR |
1.542,00 EUR |
372,00 EUR |
1.542,00 EUR |
ab 1.7.2020 |
387,00 EUR |
1.542,00 EUR |
369,00 EUR |
1.483,00 EUR |
ab 1.7.2019 |
374,00 EUR |
1.491,00 EUR |
354,00 EUR |
1.423,00 EUR |
ab 1.7.2018 |
362,00 EUR |
1.445,00 EUR |
341,00 EUR |
1.369,00 EUR |
ab 1.7.2017 |
351,00 EUR |
1.400,00 EUR |
330,00 EUR |
1.324,00 EUR |
ab 1.7.2016 |
344,00 EUR |
1.374,00 EUR |
319,00 EUR |
1.278,00 EUR |
2.3.6 Ruhen des Anspruchs auf Pflegegeld (Abs. 3)
Rz. 15
Abs. 3 Satz 1 regelt das Ruhen des Pflegegeldes bei stationärer Behandlung, Unterbringung in einer Einrichtung der Teilhabe am Arbeitsleben und Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, Doppelleistungen zu vermeiden. Daraus folgt, dass ein (der Höhe nach vollständiges) Ruh...