1.1 Inhalt
Rz. 2
Die Vorschrift normiert die Voraussetzungen für den Anspruch auf Verletztengeld bei einer Ersterkrankung in verschiedenen Konstellationen.
Abs. 1 regelt die Anforderungen an einen Bezug von Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit oder einer Heilbehandlung, die eine ganztägige Erwerbstätigkeit ausschließt.
Abs. 2 stellt die Voraussetzungen für den Bezug von Verletztengeld in dem Zeitraum nach der Heilbehandlung und vor dem Beginn der Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie vor und während der Durchführung einer Maßnahme zur Berufsfindung oder Berufserprobung auf.
Abs. 3 betrifft den Bezug von Verletztengeld beim Zusammentreffen von Maßnahmen der Heilbehandlung mit berufsfördernden Leistungen.
In Abs. 4 wird das Verletztengeld geregelt, das bei einer Verletzung eines Kindes beansprucht werden kann.
1.2 Funktion
Rz. 3
Das Verletztengeld hat die Funktion, den infolge des Versicherungsfalls eingetretenen Verlust von Bezügen aus der versicherten Tätigkeit oder von bestimmten Transferleistungen auszugleichen. Es wird während einer Arbeitsunfähigkeit oder neben den Leistungen zur Heilbehandlung und zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt. Der Anspruch auf Verletztengeld entsteht daher unmittelbar nach dem Versicherungsfall und ist als vorübergehende Leistung zeitlich begrenzt. Das Verletztengeld wird von der Krankenkasse als Beauftragte ausgezahlt (§ 189). An diese Leistungen kann sich ein Anspruch auf Verletztenrente anschließen (§ 56, § 72 Abs. 1 Nr. 1). § 45 regelt den Fall einer Ersterkrankung. Bei einer Wiedererkrankung gilt § 48.
1.3 Abgrenzung zum Krankengeld nach § 44 SGB V
Rz. 4
Das Verletztengeld ist vom Krankengeld nach § 44 SGB V abzugrenzen, das ebenfalls Entgeltersatzfunktion hat und an einen ähnlichen Sachverhalt anknüpft. In der Regel liegen die Voraussetzungen für den Bezug des Krankengeldes gleichzeitig vor. Eine Konkurrenzsituation entsteht indes nur, wenn zugleich eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht und die versicherte Person nicht nach § 44 Abs. 1 SGB V kraft Gesetzes oder nach § 44 Abs. 2 SGB V als freiwillig Versicherter kraft Satzung der Krankenkasse vom Krankengeldbezug ausgeschlossen ist. Der Bezug von Krankengeld ist überdies gemäß § 11 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen, wenn es aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit i. S. d. gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen wäre. Besteht hingegen eine private Krankenversicherung, kann es zu Doppelzahlungen kommen (BSG, Urteil v. 14.11.1996, 2 RU 5/96).
Der angestellte Automechaniker A rutscht bei der Reparatur eines Kundenfahrzeugs auf einer Öllache aus, bricht sich den rechten Arm und ist wegen dieses Arbeitsunfalls 6 Wochen arbeitsunfähig. Er bekommt Verletztengeld nach § 45. Der Anspruch gegen seine Krankenversicherung auf Krankengeld ist ausgeschlossen.
Rz. 5
Falls der Anspruch auf Krankengeld höher ist als derjenige auf Verletztengeld, ist von dem Ausschluss des § 11 Abs. 4 SGB V auch der überschießende Teil, der sog. Krankengeld-Spitzbetrag umfasst (BSG, Urteil v. 25.6.2002, B 1 KR 13/01 R; Nehls, in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 46 Rz. 7; anders noch zu § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V a. F.: BSG, Urteil v. 23.11.1995, 1 RK 13/94). Zum Verhältnis zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vgl. von Koppenfels, NZS 2002 S. 241.