2.1.2.1 Rechtlich wesentlicher Zusammenhang – Kausalität(en)
Rz. 9
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 – also bei Sterbegeld, Überführungskosten und Hinterbliebenenrenten – besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Den Begriff des Versicherungsfalles bestimmt insoweit näher § 7 Abs. 1; erfasst sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Der Tod muss daher infolge eines Arbeitsunfalls, eines Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten sein.
Rz. 10
Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Tod des Versicherten (vgl. stellv. LSG Hamburg, Urteil v. 7.7.2021, L 2 U 19/21).
Rz. 11
§ 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, wann ein Arbeitsunfall vorliegt: Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Die Regelung beinhaltet damit auch die Legaldefinition des Begriffs der versicherten Tätigkeit.
Rz. 12
§ 9 Abs. 1 Satz bestimmt die anerkannten Berufskrankheiten: Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden.
Rz. 13
Der Eintritt eines Versicherungsfalles setzt in der gesetzlichen Unfallversicherung eine bestimmte Abfolge ursächlich miteinander verknüpfter Umstände und Ereignisse voraus. Erforderlich ist insoweit, dass es infolge der versicherten Tätigkeit zu einem Arbeitsunfall kommt, d. h., zu einem plötzlich auf den Körper einwirkenden Ereignis, das seinerseits zu einem unmittelbaren Gesundheitsschaden, dem sog. Primärschaden, führt; haftungsbegründende Kausalität. Sind hingegen die genannten Voraussetzungen für einen Versicherungsfall erfüllt, so sind unter den weiteren Erfordernissen der einzelnen Leistungsfälle als Folgeschäden auch solche Unfallfolgen zu entschädigen, die ihrerseits ursächlich auf die eingetretenen Primärschäden zurückzuführen sind; haftungsausfüllende Kausalität. Um einen Versicherungsfall feststellen und dem Versicherten darüber hinaus bestimmte Leistungen zusprechen zu können, muss das Gericht die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse zur vollen Überzeugung, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, als zutreffend betrachten. Dies setzt eine so hohe Wahrscheinlichkeit voraus, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überblickender Mensch noch Zweifel hat und gilt insbesondere auch hinsichtlich des Unfallereignisses und seiner für die Beurteilung der Schadensursächlichkeit bedeutsamen Einzelheiten. Es bedarf insoweit des Vollbeweises, bei dem der Versicherte die materielle Beweislast trägt (vgl. instruktiv SG Osnabrück, Urteil v. 23.3.2023, S 17 U 220/21, Rz. 30 m. w. N. aus der gefestigten älteren Rechtsprechung des BSG).
Rz. 14
Zunächst ist also zu klären, ob der innere Zusammenhang zu einer versicherten Tätigkeit besteht oder ob der Betreffende etwa bei einer eigenwirtschaftlichen Betätigung zu Tode gekommen ist (vgl. Komm. zu § 8 Rz. 10 bis 15 sowie die Fallgruppen in Rz. 33 bis 117). Vielfach ist gerade dies klärungsbedürftig.
Rz. 15
Voraussetzung für den Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen ist also, dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Dies hat besondere Bedeutung bei der Prüfung, ob der Tod infolge einer Berufskrankheit eingetreten ist. Ob eine oder mehrere bestimmte Berufskrankheiten oder eine sog. "Wie-BK" nach der Öffnungsklausel des § 9 Abs. 2 vorgelegen hat. Das ist keine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, sondern lediglich Begründungselement (BSG, Urteil v. 12.1.2010, B 2 U 5/08 R; vgl. hierzu auch Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, LSV RdSchr L 107/2010). Mit anderen Worten: Es ist zu prüfen, ob irgendeine Berufskrankheit oder eine sog. "Wie-BK" vorgelegen hat und zum Tod des Versicherten geführt hat.
Rz. 16
Besteht der innere Zusammenhang und führt der Versicherungsfall unmittelbar zum Tod des Versicherten, so treten naturgemäß keine rechtlichen Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Zusammenhanges auf. Hat hingegen eine andere Ursache mitgewirkt oder kommt jedenfalls als Ursache in Betracht, so ist zu prüfen, ob der Versicherungsfall eine rechtlich wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes war. Die Theorie der wesentlichen Bedingung baut auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie auf. Danach sind in einem 2. wertenden Schritt nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, Urteil v. 30.1.2007, B 2 U 8 /06 R; Urteil v. 9.5.2006, B 2 U 1/05 R) zur ständigen Rechtsprechung). Das BSG benutzt inzwischen bei der Zusammenhangsfrage den Begriff der Unfallkausalität.
2.1.2.1.1 Innere Ursache
Rz. 17
Problematisch ist die Unfallkausalität dann, wenn sowohl die versicherte Tätigkeit als auch eine bereits zuvor bestehende Erkrankung (innere Ursache) als Todesursachen in Betracht kommen.
Rz. 18