Rz. 6
Der Tod muss infolge eines Arbeitsunfalls, eines Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten sein. Zunächst ist also zu klären, ob der innere Zusammenhang zu einer versicherten Tätigkeit besteht oder ob der Betreffende etwa bei einer eigenwirtschaftlichen Betätigung zu Tode gekommen ist (vgl. Komm. zu § 8 Rz. 10 bis 15 sowie die Fallgruppen in Rz. 33 bis 117). Vielfach ist gerade dies klärungsbedürftig.
Rz. 6a
Voraussetzung für den Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen ist also, dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Dies hat besondere Bedeutung bei der Prüfung, ob der Tod infolge einer Berufskrankheit eingetreten ist. Ob eine oder mehrere bestimmte Berufskrankheiten oder eine sog. "Wie-Bk" nach der Öffnungsklausel des § 9 Abs. 2 vorgelegen hat. Das ist keine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, sondern lediglich Begründungselement (BSG, Urteil v. 12.1.2010, B 2 U 5/08 R). Mit anderen Worten: Es ist zu prüfen, ob irgendeine Berufskrankheit oder eine sog. "Wie-BK" vorgelegen hat und zum Tod des Versicherten geführt hat.
Rz. 7
Besteht der innere Zusammenhang und führt der Versicherungsfall unmittelbar zum Tod des Versicherten, so treten naturgemäß keine rechtlichen Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Zusammenhanges auf. Hat hingegen eine andere Ursache mitgewirkt oder kommt jedenfalls als Ursache in Betracht, so ist zu prüfen, ob der Versicherungsfall eine rechtlich wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes war. Die Theorie der wesentlichen Bedingung baut auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie auf. Danach sind in einem 2. wertenden Schritt nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, Urteil v. 30.1.2007, B 2 U 8 /06 R; Urteil v. 9.5.2006, B 2 U 1/05 R) zur ständigen Rechtsprechung). Das BSG benutzt inzwischen bei der Zusammenhangsfrage den Begriff der Unfallkausalität.
2.1.3.1.1 Innere Ursache
Rz. 8
Problematisch ist die Unfallkausalität dann, wenn sowohl die versicherte Tätigkeit als auch eine bereits zuvor bestehende Erkrankung (innere Ursache) als Todesursachen in Betracht kommen.
Rz. 9
Der Feuermann F fällt während einer Feuerwehrübung unmittelbar nach einer Kraftanstrengung (Anwerfen der Kurbel einer Motorspritze) leblos zu Boden und verstirbt. Bei der Obduktion der Leiche wird ein subtotaler Verschluss des absteigenden Astes der linken Herzkranzarterie festgestellt (BSG, Urteil v. 18.3.1996, 2 RU 8/96).
Der Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebes wird in einem Zivilprozess als Zeuge gehört. Während der Zeugenvernehmung erleidet er einen Herzinfarkt und verstirbt. Es wird festgestellt, dass er an einer koronaren Herzkrankheit litt und dass die Zeugenvernehmung bei ihm zu einer erheblichen Stressbelastung führte (BSG, Urteil v. 18.3.1997, 2 RU 23/96).
Der Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens nimmt während einer Tagung in Budapest an einem Abendessen mit den ausländischen Geschäftspartnern teil. Nach dem Essen brach er zusammen. Es wird ein hypoxischer Hirnschaden mit apallischem Syndrom diagnostiziert. Ferner wird festgestellt, dass er nach dem Verzehr eines Gundel Palatschinkens, der Walnüsse enthielt, einen anaphylaktischen Schock erlitten hat, der durch eine Nussallergie hervorgerufen wurde (BSG, Urteil v. 30.1.2007, B 2 U 8 /06 R).
Rz. 10
Für die Abwägung zwischen der beruflich bedingten Einwirkung (in den Beispielen Kraftanstrengung, Stress, Verzehr der walnusshaltigen Speise) und dem Bestehen einer pathologischen Disposition (Herzerkrankung bzw. Nussallergie) als innerer Ursache ist die sog. Unfallkausalität nach der Theorie der wesentlichen Bedingung festzustellen. Zunächst sind die Ursachen festzustellen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele (naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie). Kommen wie in den 3 Beispielen jeweils versicherte und unversicherte Ursachen in Betracht, so sind in einem 2. wertenden Schritt als rechtserheblich nur solche Ursachen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Rz. 11
"Wesentlich" ist dabei nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache i. S. d. Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschein...