Rz. 8
Problematisch ist die Unfallkausalität dann, wenn sowohl die versicherte Tätigkeit als auch eine bereits zuvor bestehende Erkrankung (innere Ursache) als Todesursachen in Betracht kommen.
Rz. 9
Der Feuermann F fällt während einer Feuerwehrübung unmittelbar nach einer Kraftanstrengung (Anwerfen der Kurbel einer Motorspritze) leblos zu Boden und verstirbt. Bei der Obduktion der Leiche wird ein subtotaler Verschluss des absteigenden Astes der linken Herzkranzarterie festgestellt (BSG, Urteil v. 18.3.1996, 2 RU 8/96).
Der Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebes wird in einem Zivilprozess als Zeuge gehört. Während der Zeugenvernehmung erleidet er einen Herzinfarkt und verstirbt. Es wird festgestellt, dass er an einer koronaren Herzkrankheit litt und dass die Zeugenvernehmung bei ihm zu einer erheblichen Stressbelastung führte (BSG, Urteil v. 18.3.1997, 2 RU 23/96).
Der Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens nimmt während einer Tagung in Budapest an einem Abendessen mit den ausländischen Geschäftspartnern teil. Nach dem Essen brach er zusammen. Es wird ein hypoxischer Hirnschaden mit apallischem Syndrom diagnostiziert. Ferner wird festgestellt, dass er nach dem Verzehr eines Gundel Palatschinkens, der Walnüsse enthielt, einen anaphylaktischen Schock erlitten hat, der durch eine Nussallergie hervorgerufen wurde (BSG, Urteil v. 30.1.2007, B 2 U 8 /06 R).
Rz. 10
Für die Abwägung zwischen der beruflich bedingten Einwirkung (in den Beispielen Kraftanstrengung, Stress, Verzehr der walnusshaltigen Speise) und dem Bestehen einer pathologischen Disposition (Herzerkrankung bzw. Nussallergie) als innerer Ursache ist die sog. Unfallkausalität nach der Theorie der wesentlichen Bedingung festzustellen. Zunächst sind die Ursachen festzustellen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele (naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie). Kommen wie in den 3 Beispielen jeweils versicherte und unversicherte Ursachen in Betracht, so sind in einem 2. wertenden Schritt als rechtserheblich nur solche Ursachen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Rz. 11
"Wesentlich" ist dabei nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache i. S. d. Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihrer Krankengeschichte (BSG, Urteil v. 30.1.2007, B 2 U 8 /06 R m. w. N. zur Rechtsprechung).