Rz. 51
Unter bestimmten Voraussetzungen steht eine sportliche Betätigung im inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit, obwohl Sport grundsätzlich der Privatsphäre zuzuordnen ist. Die körperliche Ertüchtigung und die Verbesserung der körperlichen Fitness stehen zunächst einmal im persönlichen Interesse. Jedenfalls der Ausgleichssport hat vielfältige positive Effekte, die auch im betrieblichen Interesse sind. Er wirkt sich gesundheitsfördernd aus, erhöht die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit und vermindert Krankheitstage. Wettkampfsport hat hingegen diese aus betrieblicher Sicht positiven Auswirkungen nicht, jedenfalls stehen sie nicht im Vordergrund. Ausgehend von diesen Erwägungen hat die Rechtsprechung des BSG folgende Anforderungen für das Vorliegen von Betriebssport entwickelt:
Rz. 52
Die sportliche Betätigung muss dem Ausgleich körperlicher, geistiger oder seelischer Belastung durch die Betriebstätigkeit dienen (Ausgleichssport). Grundsätzlich kommen dafür alle Sportarten in Betracht (BSG, Urteil v. 13.12.2005, B 2 U 29/04 R m. w. N.). Ein spezielles betriebliches Interesse an der jeweiligen Sportart ist nicht erforderlich. Abzugrenzen ist der Hochleistungssport und der Wettkampfsport. Insbesondere dann, wenn der Unfall sich bei einer Mannschaftssportart ereignet hat, ist eine sorgfältige Abwägung der Interessen erforderlich. Bei (Fußball-, Tennis-) Turnieren, Pokalspielen oder ähnlichen Veranstaltungen steht der Wettkampfcharakter im Vordergrund, während der betriebsdienliche Ausgleich der Belastung durch die Arbeit und die Förderung der Erhaltung der Leistungsfähigkeit und der Gesundheit in den Hintergrund tritt. Deshalb stellen solche Sportveranstaltungen in aller Regel auch dann keinen Betriebssport dar, wenn sie ausschließlich unter Betriebsangehörigen durchgeführt werden. Vielfach fehlt es aber auch am Erfordernis der Regelmäßigkeit. Es muss aber ergänzend geprüft werden, ob die Sportveranstaltung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz steht (zu den Anforderungen vgl. Rz. 63 bis 68).
Rz. 53
Ein gewisses Mindestmaß an sportlicher, körperlicher Betätigung muss feststellbar sein (z. B. beim Kegeln: BSG, Urteil v. 9.8.1973, 2 RU 52/71). Kartenspielen oder Veranstaltungen mit sonstigen Gesellschaftsspielen stellen keinen (Betriebs-)Sport dar. Jedoch kann die Veranstaltung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung versichert sein (vgl. Rz. 63 bis 68). Ob Denksport (z. B. Schachspiel) als Ausgleichssport und damit als Betriebssport angesehen werden kann, ist fraglich. Dafür spricht nach obiger Formel vieles. Gerade bei Betriebstätigkeiten, die mit erheblichem Stress und nervlicher Anspannung verbunden sind, kann ein geistiger Ausgleichssport durchaus im betrieblichen Interesse stehen. Höchstrichterliche Entscheidungen dazu sind – wahrscheinlich wegen der geringen Unfallgefahr – bisher nicht ersichtlich.
Rz. 54
Der Betriebssport muss in gewisser Regelmäßigkeit ausgeübt werden. Zumindest eine monatliche Frequenz ist zu fordern. Jährlich, halbjährlich, vierteljährlich wiederkehrende Veranstaltungen stellen wohl keinen Betriebssport (aber ggf. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen) dar (BSG, Urteil v. 2.7.1996, 2 RU 32/95; Urteil v. 31.10.1972, 2 RU 95/70).
Rz. 55
Der Teilnehmerkreis muss im Wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkt sein. Dabei kann es sich auch um verschiedene Betriebsteile, Niederlassungen und Ähnliches handeln. Der Zusammenschluss der Betriebssportgruppen mehrerer Unternehmen dürfte den Versicherungsschutz nicht entfallen lassen. Ist die Gruppierung hingegen für außenstehende Interessenten offen, so handelt es sich nicht mehr um Betriebssport.
Ein Mitglied einer von der Unternehmensleitung als Verein gegründeten und organisierten Betriebssportgemeinschaft, in der von den 230 gemeldeten Mitgliedern ca. 170 Betriebsangehörige und ca. 20 bis 60 betriebsfremde Mitglieder teilnehmen, steht während des Fußballtrainings seiner Mannschaft nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Vereinssatzung den Teilnehmerkreis im Wesentlichen nicht auf die Betriebsangehörigen beschränkt hat (BSG, Urteil v. 27.10.2009, B 2 U 29/08 R).
Rz. 56
Es muss eine betriebsbezogene Organisation vorhanden sein. Die bloße Duldung durch das Unternehmen reicht nicht. Kriterien für Betriebssport in diesem Sinne sind das finanzielle Engagement des Betriebes und das Zurverfügungstellen sächlicher (Sportgeräte, Räumlichkeiten) und/oder personeller Mittel (z. B. Trainer). Bedeutsam ist, dass die Betriebssportgruppe grundsätzlich nicht für Betriebsfremde offensteht. Dies ist insbesondere auch dann entscheidendes Abgrenzungskriterium, wenn als organisatorische Struktur ein Verein gegründet wurde (BSG, Urteil v. 25.2.1993, 2 RU 19/92).
Rz. 57
Versichert sind alle mit dem Betriebssport unmittelbar zusammenhängende Betätigungen, also auch der Weg zum Betriebssport und der Nachhauseweg (Wegeunfall, vgl. dazu Rz. 118 ff.), auch Zusamme...