3.1 Einleitung
Beim Einsatz von KI im Personalwesen werden Aspekte der Mitbestimmung und des Datenschutzes eine dominante Rolle spielen, neben haftungsrechtlichen Aspekten und europäischer Gesetzgebung. Welche Regeln mit welchen Rechtsfolgen greifen, hängt von der konkreten KI-Anwendung ab. Die nachfolgenden Themen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig für den Einsatz von KI zum Tragen kommen.
3.2 Betriebliche Mitbestimmung
Beim Einsatz von KI-Systemen stehen dem Betriebsrat umfangreiche Informations- und Mitbestimmungsrechte zu. Dies sind vor allem:
Starke Mitbestimmungsrechte |
Einsatz von KI bei Aufstellung von Richtlinien über personelle Auswahl |
§ 95 Abs. 2a BetrVG |
Einführung/Anwendung von technischen Einrichtungen, die zur Verhaltens-/Leistungsüberwachung geeignet sind |
§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG |
Vorbereitung/Erteilung von Anweisungen zum Ordnungsverhalten mithilfe von KI |
§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG |
Mitbestimmung bei Einstellungen und Versetzungen, bei denen KI im Einsatz war, insbesondere wenn Auswahlrichtlinien/Beurteilungsgrundsätze bestehen |
§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG |
Schwache Mitbestimmungsrechte |
Beauftragung von Sachverständigen durch den Betriebsrat |
§ 80 Abs. 3 Satz 2 BetrVG |
Unterrichtung und Beratung des Betriebsrats bei Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen einschließlich des Einsatzes von KI |
§ 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG |
3.2.1 "Echte" Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Nach § 95 Abs. 2a BetrVG bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen auch dann der Zustimmung des Betriebsrats, wenn ein KI-System eigenständig oder innerhalb eines vom Arbeitgeber vorgegebenen Rahmens die Auswahlrichtlinien aufstellt. Das ist z. B. der Fall, wenn die KI auf historischen Bewerberdaten, Einstellungsentscheidungen und Anforderungsprofilen trainiert wird und hieraus implizit Einstellungskriterien generiert und gewichtet, um die (mutmaßlich) besten Einstellungsentscheidungen zu treffen oder vorzuschlagen bzw. vorzusortieren. Gleiches gilt ggf. für den Einsatz von Chatbots. Im Kontext Bewertung ist auch § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG relevant, also die – ebenfalls zustimmungsbedürftige – Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze. Dies betrifft neben den eben genannten Szenarien auch das Skill-Matching.
Die Festlegung des Inhalts von Stellenbeschreibungen sowie Anforderungsprofilen ist hingegen nicht mitbestimmungspflichtig. Hier kann allenfalls das Unterrichtungs- und Vorschlagsrecht aus § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einschlägig sein (Unterrichtung über Personalplanung).
Große Bedeutung im KI-Kontext hat das wohl prominenteste Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, das bei jeder Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen greift, die das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen könnten. Hierunter dürften je nach Ausgestaltung nahezu alle unter Ziffer 2 genannten KI-Systeme fallen, bei denen Arbeitnehmerdaten nicht anonymisiert sind. Eine Anonymisierung bietet sich insbesondere im Bereich Analyse und Prognoseanwendungen an, bei der Informationen über individuelle Arbeitnehmer nicht im Vordergrund stehen, sondern Rückschlüsse auf das Unternehmen oder einzelne (größere) Abteilungen ausreichen.
Nach einem Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg ist das Mitbestimmungsrecht nicht berührt, wenn Mitarbeiter ihre eigenen privaten Accounts für KI-Tools (hier ChatGPT) nutzen und der Arbeitgeber hierfür Regeln aufstellt.
Fazit: KI-Systeme, die namensscharfe Mitarbeiterdaten verwenden, werden in den seltensten Fällen ohne Zustimmung des Betriebsrats eingeführt werden können.
3.2.2 Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats / Einsatz von Sachverständigen
Als Faustregel ist davon auszugehen, dass der Betriebsrat bei jeder Form des personalbezogenen KI-Einsatzes im Unternehmen rechtzeitig und umfassend zu informieren ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von KI beurteilen, unterstellt das Gesetz pauschal, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich ist. Trotzdem bedarf es einer Vereinbarung (insbesondere zur Person und Vergütung) mit dem Arbeitgeber, die durch den Betriebsrat notfalls gerichtlich durchzusetzen ist. Es muss sich für diesen Anspruch auch um "echte" KI handeln, nicht bloß um gewöhnliche Software.
Der betriebsverfassungsrechtliche KI-Begriff
Ein allgemeingültiger KI-Begriff besteht derzeit nicht. Auch definiert das Betriebsrätemodernisierungsgesetz den Begriff der KI nicht, auch wenn es Bestimmungen zu KI enthält. Die letzte BetrVG-Reform sollte ihrem Zweck nach u. a. den Betriebsrat in die Lage versetzen, "komplexe informationstechnische Zusammenhänge zu verstehen, zu bewerten und mitzugestalten". Bei deterministischer Software, die keine autonomen Entscheidungen trifft und deren Ergebnisse vorhersehbar und transparent sind – mag sie auch komplex sein – dürfte es sich nicht um "künstliche Intelligenz" im Sinne des BetrVG handeln, weshalb die entsprechenden Vorschriften nicht anwendbar sind.
Vorgeschlagen wird u.A. folgende Definition:""Künstlichen Intelligenz"...