OFD Frankfurt, Verfügung v. 27.10.2010, S 2282 A - 22 - St 223
I. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II)
Nach einem Beschluss der Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II) genauso wie Leistungen zur Sicherstellung des Unterhalts als Bezüge des Kindes zu berücksichtigen, wenn von einer Rückforderung bei gesetzlich Unterhaltsverpflichteten abgesehen worden ist. Sie sind jedoch dann nicht als Bezug anzurechnen, wenn das Kindergeld nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an den entsprechenden Sozialleistungsträger abgezweigt wird, dieser einen Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG geltend macht oder – zur Vereinfachung – das Kindergeld nach Maßgabe der Sozialgesetze vollständig oder anteilig auf seine Leistung anrechnet (vgl. H 32.10 „Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge” Teilabschnitt „Eigene Bezüge” Nr. 3 EStH und DA-FamEStG 63.4.2.3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9).
II. Elterngeld
Das Bundeselterngeldgesetz ist zum 1.1.2007 in Kraft getreten und an die Stelle des Bundeserziehungsgeldgesetzes getreten. Es gilt für alle ab dem 1.1.2007 geborenen Kinder.
Das einem betreuenden Elternteil zum Ausgleich wegfallenden Erwerbseinkommens gezahlte Elterngeld beträgt 67 % seines vor der Geburt des Kindes durchschnittlich monatlich verfügbaren bereinigten Nettoeinkommens, höchstens jedoch 1.800 EUR. Der Mindestbetrag, der auch an vor der Geburt nicht erwerbstätige Elternteile gezahlt wird, beträgt 300 EUR monatlich. Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich der Mindestbetrag um jeweils 300 EUR für das zweite und jedes weitere Kind. Solange ein älteres Geschwisterkind unter drei Jahren oder zwei ältere Geschwisterkinder unter 6 Jahren mit im Haushalt leben, erhöht sich das Elterngeld um 10 %, mindestens jedoch 75 EUR. Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf bis zu 14 Monatsbeträge. Auf Antrag werden die einer Person monatlich zustehenden Beträge halbiert und über den doppelten Zeitraum ausgezahlt.
Das bisherige Erziehungsgeld war/ist bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu berücksichtigen (H 32.10 „Nicht anrechenbare eigene Bezüge” EStH).
Zu der Frage, ob und inwieweit Elterngeld, das ein Kind erhält, bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist, haben die Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, dass Elterngeld grundsätzlich als Bezug des Kindes anzusetzen ist, da es in der Regel Lohnersatz darstellt und deswegen auch unter den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 EStG fällt. Auszunehmen hiervon ist aber der Mindestbetrag in Höhe von 300 EUR bzw. 150 EUR monatlich (bei Mehrlingsgeburten entsprechend vervielfacht), da dieser auch gezahlt wird, wenn vorher keine Einkünfte erzielt wurden. Dies gilt auch bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge gemäß § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG bzw. § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG.
Unabhängig von der vorstehenden Regelung zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unterliegt das Elterngeld nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt.
III. Arbeitgeberanteil der vermögenswirksamen Leistungen
Zur Frage, ob der Arbeitgeberanteil an vermögenswirksamen Leistungen bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge i.S. des § 33 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist, ist beim BFH unter dem Az. III R 23/09 ein Revisionsverfahren anhängig.
In der Vorinstanz hatte das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 16.2.2009, 6 K 83/06 entschieden, dass der vom Arbeitgeber getragene Anteil an vermögenswirksamen Leistungen nicht zu den für die Gewährung des Kinderfreibetrags schädlichen Einkünften zählt. Nach Auffassung des FG sind bei verfassungskonformer Auslegung des Beschlusses des BVerfG vom 11.1.2005, 2 BvR 167/02 Einkünfte des Kindes nur dann in den Jahresgrenzbetrag einzubeziehen, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Auch die unterhaltspflichtigen Eltern werden bezüglich der unmittelbar vom Arbeitgeber abgeführten Teile des Bruttoeinkommens des Kindes, und somit auch des Arbeitgeberanteils an den VL nicht entlastet. Dass es sich dabei um Beträge zur Vermögensbildung des Kindes (freiwillig abgeschlossener Vertrag) handelt, sei unbeachtlich.
Einsprüche, die sich auf das BFH-Verfahren stützen, ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.
IV. Übersicht über Aufwendungen des Kindes