Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers wegen einer zu geringen Zuweisung von Phantom Shares i.R.d. Gleichbehandlungsgrundsatzes
Leitsatz (amtlich)
Steht fest, dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin im Hinblick auf einen oder mehrere Vergütungsbestandteile niedriger vergütet wurde als diejenige Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, muss die Arbeitgeberin darlegen und beweisen, dass ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin geführt haben. Beruft sich die Arbeitgeberin darauf, dass die Personen aus der Vergleichsgruppe eine größere Berufserfahrung, eine längere Betriebszugehörigkeit und/oder eine höhere Arbeitsqualität aufwiesen, muss sie darlegen, wie sie diese Kriterien im Einzelnen bewertet und zueinander gewichtet hat. Gelingen ihr die entsprechende Darlegung und gegebenenfalls der entsprechende Beweis nicht, steht dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin eine höhere Vergütung nach Maßgabe des Entgeltgleichheitsgesetzes zu.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1; GewO § 106; BetrVG § 77 Abs. 3 S. 1; BGB § 199; EUV Art. 157 Abs. 1; EntgTranspG § 3 Abs. 1, § 7; AGG § 22; BGB § 611a
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 20.04.2023; Aktenzeichen 6 Ca 4384/22) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20. April 2023 (6 Ca 4384/22) teilweise abgeändert und - soweit über die Berufung entschieden wurde - wie folgt neu gefasst.
- Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere Phantom Shares auf der Grundlage des Phantom Share Plans 2022 der X. AG in einem Wert von 13.500,00 Euro (vorläufig) zuzuteilen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.293,48 Euro brutto zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 774,54 Euro seit 1. Februar 2021, 1. März 2021, 1. April 2021, 3. Mai 2021, 1. Juni 2021, 1. Juli 2021, 2. August 2021, 1. September 2021, 1. Oktober 2021, 2. November 2021, 1. Dezember 2021 und 1. Januar 2022.
- Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Leiterin des Bereichs "Projekt- und Prozessmanagement" zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags zwischen den Parteien vom 10. November 2015 zu beschäftigen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, mit Ausnahme der auf der Grundlage des Phantom Share Plans 2021 beruhenden und auf (vorläufige) Zuteilung von Phantom Shares in Höhe von 19.000,00 Euro gerichteten Klage sowie der auf Zahlung von 11.409,84 Euro (Entgeltbenachteiligung hinsichtlich des Entgeltbestandteils "Company Bonus" für 2021) gerichteten Klage, über die noch nicht entschieden wurde.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen mit Ausnahme der Berufung gegen Nr. 1 des angegriffenen Urteils sowie der Berufung gegen Nr. 3 des angegriffenen Urteils in Höhe von 11.409,84 Euro (Entgeltbenachteiligung hinsichtlich des Entgeltbestandteils "Company Bonus für 2021), über die noch nicht entschieden wurde.
IV. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich über eine vertragsgerechte Beschäftigung der Klägerin als Leiterin des "Bereichs Projekt- und Prozessmanagement", über die Zuteilung (weiterer) Phantom Shares für die Jahre 2021 und 2022, über Schadenersatz wegen einer zu geringen Zuteilung von Phantom Shares im Jahr 2018 sowie über Ansprüche auf Entgeltgleichbehandlung für das Jahr 2021.
Wegen des erstinstanzlich unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 20. April 2023 verurteilt, der Klägerin für 2021 weitere Phantom Shares im Wert von 19.000,00 Euro und für 2022 im Wert von 13.500,00 Euro zuzuteilen. Außerdem wurde der Klägerin eine Vergütungsdifferenz iHv. 21.591,00 Euro für das Jahr 2021 zugesprochen aus dem Gesichtspunkt der Entgeltgleichbehandlung nach dem Entgelttransparenzgesetz. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Den erstinstanzlich noch gestellten Antrag auf Beschäftigung in einer Funktion, die der Leitungsebene 3 zugeordnet ist, hielt das Arbeitsgericht für unbegründet, da dieser Anspruch mit der Zuweisung der Tätigkeit als Business Information Security Officer (BISO), ergänzt durch Aufgaben des Projekts Shadow IT, von der Beklagten bereits erfüllt werde.
Der Anspruch auf (weitere) Phantom Shares-Zuteilungen für 2021 und 2022 ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte habe nicht darzulegen vermocht, aus welchem Grund die Zuteilung an die Klägerin den durchschnittlichen Zuteilungswert entsprechend dem selbstbindend zugrunde gelegten Zuteilungsband unterschreite.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin für das Jahr 2018 sei jedoch verfa...