Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es stellt jedenfalls eine zulässige Klageänderung dar, wenn die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft die klageweise geltend gemachten Ansprüche erst in der Berufungsinstanz auf die Vorschriften des nunmehr in Kraft getretenen SokaSiG stützt.

2. Es bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG

 

Normenkette

SokaSiG §§ 7, 12; AEntG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.01.2016; Aktenzeichen 64 Ca 60379/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. Januar 2016 - 64 Ca 60379/15 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.704,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Dezember 2014 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte auf Grund Bürgenhaftung Urlaubskassenbeiträge für die Monate Oktober 2013 bis März 2014 an den Kläger abzuführen hat.

Der Kläger ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK). Diese ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes und hat insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tariflichen Urlaubsvergütung zu sichern. Zur Finanzierung ihrer Leistungen erhebt sie von den Arbeitgebern Beiträge, die sie von außerhalb Deutschlands ansässigen Arbeitgebern selbst einzieht.

Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen und beauftragte im Streitzeitraum ein polnisches Unternehmen mit Trockenbau- und Montagebauarbeiten sowie Dämmarbeiten auf einer ihrer Baustellen in Deutschland. Dieses entsandte im Zeitraum von Oktober 2013 bis März 2014 gewerbliche Arbeitnehmer in unterschiedlicher Anzahl. Das polnische Unternehmen erbrachte in diesem Zeitraum - einschließlich der nicht in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer -arbeitszeitlich überwiegend Trockenbau- und Montagebauarbeiten sowie Dämmarbeiten und erstattete dem Kläger hierüber Meldungen über gezahlte Bruttolöhne in Höhe von 31.024,80 Euro für 2.224 geleistete Arbeitsstunden und daraus resultierender Beiträge in Höhe von 4.704,36 Euro (Anlagekonvolut, Bl. 17 - 32 d. A.). Die sich aus der Meldung ergebenden Beiträge zahlte das polnische Unternehmen nicht.

Die Beklagte hielt von der Werklohnforderung der polnischen Firma einen entsprechenden Betrag als Sicherheit ein.

Nachdem der Kläger die Beitragsschuld erfolglos bei dem polnischen Unternehmen angemahnt hatte, machte er gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 26. November 2014 unter Fristsetzung zum 12. Dezember 2014 seinen Beitragsanspruch geltend. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Mit seiner am 16. April 2015 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 24. April 2015 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) in der jeweiligen Fassung für die offenen Beiträge als Bürge in Anspruch. Er meint, das polnische Unternehmen habe Arbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 9 und 37 VTV ausgeführt und schulde daher Beiträge zum Urlaubskassenverfahren. Diese Beiträge seien trotz Mahnung nicht gezahlt, sodass die Beklagte als Bürge für die nach den erstellten Meldungen berechneten Beiträge hafte. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, dass das polnische Unternehmen den gemeldeten Arbeitnehmern Urlaub gewährt habe, treffe dies nicht zu; die Meldungen gäben keine Urlaubsgewährung her.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.704,36 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Dezember 2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klage für eine unzulässige Saldoklage gehalten und die Forderung der Höhe nach bestritten. Sie habe das polnische Unternehmen zwar als Subunternehmen für Bautätigkeiten in Deutschland eingesetzt, bestreite aber die vom Kläger behauptete Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer mit Nichtwissen. Die vorgelegten Meldungen seien keine Originale und enthielten zudem Streichungen und Zusätze und könnten deshalb nicht herangezogen werden. Zudem sei das polnische Unternehmen nicht ausschließlich für die Beklagte tätig gewesen. Die polnischen Arbeitnehmer seien nach ihrem Wissen auch anderweitig eingesetzt gewesen. Sie bestreite sowohl die Nichtabführung der Beiträge als auch eine erfolglose Mahnung des Klägers. Weiter sei den entsandten Arbeitnehmern Urlaub gewährt worden, sodass Erstattungsansprüche gegen den Kläger bestünden, die ihr abgetreten worden seien und mit denen sie in Höhe von 540,67 Euro aufrechne.

Mit seinem Urteil vom 19. Januar 2016, auf das zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz ergänzend Bezug genommen wird hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig und insbesondere keine...

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