Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstellenspruch. Arbeitszeit. Freizeitausgleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine betriebliche Arbeitszeitregelung, nach der es dem Arbeitgeber überlassen bleibt festzulegen, wann die Arbeitnehmer innerhalb des Zeitraums zwischen Kernarbeitszeit und Rahmenzeit ihre Tätigkeit beenden, und die es zugleich auch den Arbeitnehmern ermöglicht, bei Einhaltung bestimmter Vorgaben in der Kernarbeitszeit Freizeit für sich in Anspruch zu nehmen, bewegt sich noch in den Grenzen der § 6 Abs. 7 und § 10 Abs. 1 TVöD.
2. In der Festlegung einer über der Sollarbeitszeit liegenden Endes der Rahmenarbeitszeit in einem Einigungsstellenspruch leigt kein unzulässiger Entzug des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.
3. Es liegt keine Ermessensüberschreitung der Einigungsstelle vor, wenn sie den Widerruf eines bereits genehmigten Freizeitausgleichs durch den Arbeitgeber vom Vorliegen „dringender betrieblicher Gründe” abhängig macht.
Normenkette
BetrVG § 77 Abs. 3, § 76 Abs. 1, 5, § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3, 6; ArbZG § 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 26.03.2008; Aktenzeichen 7 BV 149/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrates hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 26.03.2008 – Az.: 7 BV 149/07 – teilweise abgeändert.
Es wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen auf den Hilfsantrag des Betriebsrats hin festgestellt, dass § 9 der durch die Einigungsstelle vom 16.11.2007 beschlossenen Betriebsvereinbarung zu „Arbeitszeit und Überstunden bei der E. N. GmbH (E.), RES + STS sowie der k. K. GmbH” unwirksam ist.
Die Rechtsbeschwerde für die Beteiligten wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruches über Arbeitszeit und Überstunden.
Die Beteiligten zu 2) bis 4) betreiben die Müllabfuhr in der Stadt B.. Der TVöD findet Anwendung. Der Beteiligte zu 1) ist der bei ihnen gebildete gemeinsame Betriebsrat.
Bei der Beteiligten zu 2) existierte eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Anordnung von Überstunden. Diese wurde seitens des Betriebsrates zum 31.12.2005 gekündigt und befand sich in der Nachwirkung. Da eine Einigung über eine Neuregelung zwischen den Betriebsparteien nicht zustande kam, wurde unter dem Vorsitz des stellvertretenden Direktors des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven von den Beteiligten eine Einigungsstelle zum Thema „Arbeitszeit und Überstunden” gebildet. Die Einigungsstelle trat erstmals am 13.07.2007 zusammen. Wegen des Inhaltes des Protokolls der Sitzung wird auf Bl. 27 – 29 d. A. Bezug genommen.
In einer weiteren Sitzung am 24.08.2007 wurden von Arbeitgeber- und Betriebsratsseite Entwürfe von Betriebsvereinbarungen vorgelegt und erörtert. Die Mitglieder der Einigungsstelle verständigten sich im Rahmen dieser Sitzung auf eine Überarbeitung einschließlich der Abfassung von Erläuterungen und Begründungen ihrer jeweiligen Entwürfe. Der Vorsitzende der Einigungsstelle legte zur Vorbereitung der nächsten Sitzung einen eigenen Entwurf vor. Auf der Grundlage dieses Entwurfes unterbreiteten sowohl die Arbeitgeber- als auch die Betriebsratsseite in der Einigungsstellensitzung vom 16.11.2007 jeweils überarbeitete Betriebsvereinbarungsentwürfe. Sodann wurde über den vom Betriebsrat vorgelegten Entwurf abgestimmt. Nachdem die erste Abstimmung nicht zu einer Mehrheit führte, entfielen in der zweiten Abstimmung drei zustimmende und vier ablehnende Stimmen auf den Entwurf des Betriebsrates. Daraufhin wurde der zuletzt von der Arbeitgeberseite vorgelegte Entwurf zur Abstimmung gestellt und erhielt in der zweiten Abstimmung mit 4: 3 Stimmen die Mehrheit. Mit dem Protokoll der Sitzung vom 16.11.2007 ging dem Betriebsrat am 21.11.2007 der Spruch der Einigungsstelle zu (auf Bl. 30 – 45 d. A. wird Bezug genommen).
Der Vorsitzende der Einigungsstelle begründete deren Spruch. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf III. Der Begründung des Spruchs (Blatt 134 ff. Der Akte verwiesen.
Mit Schreiben vom 21.11.2007 kündigte der Betriebsrat die Betriebsvereinbarung zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt, dem 31.12.2008. Am 06. bzw. 07.12. 2007 ging die Begründung des Einigungsstellenspruches durch den Vorsitzenden der Einigungsstelle den Beteiligten zu (wegen des Inhaltes der Begründung wird auf Bl. 127 – 145 d. A. Bezug genommen).
Mit Antrag vom 29.11.2007, beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven am 03.12.2007 eingegangen, beantragt der Beteiligte zu 1) die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruches und wiederholt diesen Antrag mit Schriftsatz vom 13.12.2007, am selben Tag beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangen, nachdem ihm die Begründung des Einigungsstellenspruches am 07.12.2007 zugegangen war (auf Bl. 95 ff wird Bezug genommen).
Der Beteiligte zu 1) hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle habe mit ihrem Spruch sowo...