Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Kündigungsschutzklage. Änderungskündungsschutzklage. Betriebsinhaber. Unterrichtung über Betriebsübergang. Widerspruch gegen Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
1. Die analoge Anwendung von § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Falle eines Betriebsübergangs i. S. v. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nach Klageerhebung gemäß § 4 Satz 2 KSchG gegen den bisherigen Betriebsinhaber (vgl. zu § 4 Satz 1 KSchG BAG 04.03.1993 – 2 AZR 507/92 – EzA § 613 a BGB Nr. 107), ermöglicht auch den Abschluss eines Prozessvergleichs, der die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem nach dem Betriebsübergang liegenden Zeitpunkt zum Inhalt hat.
2. Jedenfalls folgt die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum genannten Zeitpunkt aufgrund eines derartigen Prozessvergleichs daraus, dass in diesem konkludent ein form- und fristgerecht erklärter Widerspruch (§ 613 a Abs. 6 BGB) des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses liegt.
Normenkette
BGB §§ 242, 611, 613, 613a Abs. 1 S. 1, Abs. 6; KSchG § 4 Sätze 1-2; ZPO § 265 Abs. 2 S. 1 analog
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Urteil vom 01.03.2005; Aktenzeichen 1 Ca 4560/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wesel vom01.03.2005 – 1 Ca 4560/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die am 01.02.1952 geborene Klägerin war zunächst seit 1984 in der St.-B.-Hospital GmbH in L. als Reinigungskraft beschäftigt. Diese Tätigkeit nahm sie ab dem 01.07.1990 als Angestellte der in E. ansässigen Firma L. D. Service GmbH wahr. In der L. Niederlassung dieser Firma waren ca. 50 ihrer Arbeitnehmer/innen, darunter auch die Klägerin, in der St.-B.-Hospital gGmbH tätig.
Unter dem 15.03.2004 kündigte das St.-B.-Hospital gGmbH gegenüber der Firma L. D. Service GmbH schriftlich den Reinigungsauftrag zum 30.06.2004. Mit Schreiben vom 25.03.2004 versetzte die Firma L. D. Service GmbH die Klägerin mit Wirkung vom 01.07.2004 in das Objekt St.-K.-Krankenhaus in Y.. Gleichzeitig sprach sie ihr gegenüber vorsorglich für den Fall, dass diese Personalmaßnahme nicht vom Direktionsrecht gedeckt sein sollte, eine Kündigung zum 31.08.2004 aus und bot ihr zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zum 01.09.2004 unter der Maßgabe an, dass sie in dem Objekt St.-K.-Krankenhaus in Y. als Reinigungskraft ihre Tätigkeit aufnehme. Mit Schreiben vom 06.04.2004 nahm die Klägerin diese Änderungskündigung unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt sei.
Gegen die Versetzung und hilfsweise Änderungskündigung vom 25.03.2004 erhob die Klägerin am 22.04.2004 Klage beim Arbeitsgericht Wesel – 1 Ca 1576/04 –. Mit Schreiben vom 02.05.2004 bewarb sie sich bei der X.-B.-Hospital gGmbH in H. als Reinigungskraft für den Einsatz im St.-B.-Hospital GmbH in L.. Mit Wirkung vom 01.07.2004 wurde der Reinigungsbetrieb der St.-B.-Hospital GmbH der Beklagten übertragen.
In einem am 03.08.2004 beim Arbeitsgericht Wesel in dem Rechtsstreit 1 Ca 1576/04 eingereichten und den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10.08.2004 zugegangenen Schriftsatz der Firma L. D. Service GmbH vom 02.08.2004 heißt es u. a.:
„Nach Kenntnis der Beklagten – die L. D. Service GmbH – hat das Nachfolgeunternehmen – die 4-L-Services GmbH – annähernd 90 % der Belegschaft nebst zugehöriger Vorarbeiterin übernommen.
Außer unserer Mandantin wurden noch 3 Mitarbeiterinnen nicht übernommen. Insgesamt waren 50 Mitarbeiterinnen in dem Objekt beschäftigt. Des weitern hat das Objekt die Betriebsmittel der L. D. Service GmbH im Wege des Kaufes übernommen. Es wurden Waschmaschinen und Wagen für die Müllentsorgung übernommen.
Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass es hier tatsächlich zu einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB gekommen ist.”
Im Termin vom 21.09.2004 schlossen die Klägerin und die Firma L. D. Service GmbH vor dem Arbeitsgericht Wesel einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits 1 Ca 1576/04 aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung seitens der vorgenannten Firma mit Ablauf des 31.08.2004 gegen Zahlung einer Abfindung von 950,– EUR sein Ende gefunden hatte.
Die soeben wörtlich aus dem Schriftsatz der Firma L. D. Service GmbH vom 02.08.2004 wiedergegebene Passage teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 29.10.2004 mit. Außerdem boten sie der Beklagten in dem vorgenannten Schreiben namens ihrer Mandantin deren Arbeitskraft mit sofortiger Wirkung an und baten um Mitteilung bis spätestens zum 05.11.2004, ob sie hiervon Gebrauch machen wolle. Die Beklagte ließ über ihre Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestehe. Daraufhin reichte die Klägerin am 25.11.2004 beim Arbeitsgericht Wesel Klage ein, mit der sie von der Beklagten die Weiterbeschäftigung als Reinigungskra...