Entscheidungsstichwort (Thema)

Errichtung eines Konzernbetriebsrats für privatrechtlich organisierte Unternehmen innerhalb eines durch ein öffentlich-rechtlich organisiertes Unternehmen beherrschten Konzerns

 

Leitsatz (amtlich)

Trotz einer öffentlich-rechtlichen Organisation des herrschenden Unternehmens (hier ein Kreis als Körperschaft des öffentlichen Rechts) kann für die privatrechtlich organisierten beherrschten Unternehmen ein Konzernbetriebsrat errichtet werden.

Zu den Anforderungen an die Widerlegung der Konzernvermutung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG (i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).

 

Normenkette

BetrVG § 54 Abs. 1 S. 1, § 130; AktG § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Entscheidung vom 11.05.2016; Aktenzeichen 3 BV 28/14)

 

Tenor

Die Beschwerden der zu 7) beteiligten H M GmbH, der zu 8) bis 12) beteiligten Klinikum M GmbH, Klinik T M GmbH, B-M-Dienstleistungsgesellschaft mbH, Kreissenioreneinrichtungen M GmbH sowie der N-M GmbH und der zu 14) bis 17) beteiligten Verkehrsbetriebe F GmbH, L Omnibusbetriebe GmbH, W T1 GmbH und X GmbH gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 11.05.2016 - 3 BV 28/14 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor im ersten Satz wie folgt lautet:

Es wird festgestellt, dass aufgrund einer am 13.07.2015 erfolgten Errichtung für die folgenden Unternehmen ein Konzernbetriebsrat besteht:

H M GmbH

Klinikum M GmbH

Klinik T M GmbH

B-M-Dienstleistungsgesellschaft mbH

Kreissenioreneinrichtungen M GmbH

N-M GmbH

O M gemeinnützige Gesellschaft für Beschäftigungs- und Qualifizierungsförderung mbH

Verkehrsbetriebe F GmbH

L Omnibusbetriebe GmbH

W T1 GmbH

X GmbH

J P GmbH

Betreibergesellschaft MS mbH.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten darüber, ob für einen Konzern unter der Leitung eines Kreises als Körperschaft des öffentlichen Rechts wirksam ein Konzernbetriebsrat errichtet worden ist.

Der zu 6) beteiligte Kreis M als Körperschaft des öffentlichen Rechts hält 100 % der Geschäftsanteile an der zu 7) beteiligten H M GmbH und der zu 8) beteiligten Klinikum M GmbH, wobei Letztere die Mehrheit an der zu 9) beteiligten Klinik T M GmbH, zu 10) beteiligten B-M-Dienstleistungsgesellschaft mbH und der zu 12) beteiligten N-M GmbH hält. Der Kreis M hält auch 100 % der Geschäftsanteile an der zu 11) beteiligten Kreissenioreneinrichtungen M GmbH sowie die Mehrheit der Geschäftsanteile an der zu 13) beteiligten O M gemeinnützige Gesellschaft für Beschäftigungs- und Qualifizierungsbeförderung mbH. An der zu 14) beteiligten Verkehrsbetriebe F GmbH, die ihrerseits Alleingesellschafterin der zu 15) bis 17) beteiligten L Omnibusbetriebe GmbH, W T1 GmbH und X GmbH ist, hält der Kreis M 39,44 %. Weil die Verkehrsbetriebe F GmbH selbst 43,73 % der Geschäftsanteile hält, kommen dem Kreis M Stimmrechte im Umfang von 70,1 % zu. Schließlich hält der Kreis M die Mehrheit der Geschäftsanteile an den zu 19) und 20) beteiligten J P GmbH und Betreibergesellschaft MS mbH.

Der zu 1) beteiligte, antragstellende Konzernbetriebsrat wurde in der konstituierenden Sitzung am 13.07.2015 errichtet. Die Antragsteller zu 2) bis 5) sind die in den Unternehmen der Klinikum M GmbH, Klinik T M GmbH, B-M-Dienstleistungsgesellschaft GmbH und Kreissenioreneinrichtungen M GmbH gebildeten Betriebsräte. Dabei wurde im laufenden Beschlussverfahren für das Unternehmen der Klinikum M GmbH zunächst der dort bestandene Gesamtbetriebsrat beteiligt, bevor im Zuge einer vor kurzem durchgeführten Neuwahl für die beiden Unternehmensstandorte ein einheitlicher Betriebsrat gebildet wurde, der nunmehr Beteiligte zu 2). Der zu 18) beteiligte Betriebsrat ist für den Gemeinschaftsbetrieb der W T1 GmbH, Verkehrsbetriebe F GmbH, L Omnibusbetriebe GmbH und X GmbH gebildet worden.

Schließlich wurde der zu 21) beteiligte Konzernbetriebsrat für den Bereich der H M GmbH (Beteiligte zu 7) mit den zu 8) bis 12) beteiligten Unternehmen Klinikum M GmbH, Klinik T M GmbH, B-M-Dienstleistungsgesellschaft mbH, Kreissenioreneinrichtungen M GmbH und N-M GmbH errichtet.

In der Vergangenheit trat der beteiligte Kreis M über mehrere Jahre als "Konzern Kreis M" auf. Am 02.07.2012 beschloss der Kreistag eine Beteiligungsrichtlinie (im Folgenden kurz: BRL), die am 01.01.2013 in Kraft trat. In der BRL heißt es auszugsweise wie folgt:

"Vorbemerkungen

Der Kreis M mit seinen Betrieben und Unternehmen sowie seinen Beteiligungen in unterschiedlichen Rechtsformen bilden zwar keinen Konzern im Sinne des Handelsrechts, jedoch faktisch ein dem gleich kommenden Verbund. Dieser Verbund dient der Erledigung der dem Kreis M zugewiesenen Aufgaben, wobei die Gründe für die Schaffung der Beteiligungen vielfältig sind: Erledigung unterschiedlichster öffentlicher Aufgaben, notwendige unternehmerische Unabhängigkeit, Risikodiversifikation, interkommunale Kooperation oder gemischtwirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung mit Privaten. Allem ist gemein: der Kreis hat sich beteiligt, um öffentliche Kreisaufgaben zu erledigen, alle Beteiligungen erledigen mit dem Kreis zusamm...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?