Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstellenbesetzung. offensichtliche Unzuständigkeit. ausreichende vorherige Verhandlungen. Mitbestimmung bei Interessenausgleich und Sozialplan. Beschäftigungssicherung. Vorrang des Beratungsanspruchs des Betriebsrats vor Interessenausgleichsverhandlungen. Sozialplan bei Neugründung
Leitsatz (amtlich)
§ 92 a BetrVG enthält kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, sondern lediglich eine Verpflichtung für den Arbeitgeber, mit dem Betriebsrat über Vorschläge zur Beschäftigungssicherung zu beraten. Das Verfahren nach § 92 a BetrVG ist gegenüber Interessenausgleichsverhandlungen nach § 112 BetrVG nicht vorgreiflich. Betriebsänderungen nach §§ 111 ff. BetrVG können nicht über § 92 a BetrVG verzögert oder blockiert werden.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG §§ 92a, 111 S. 3 Nrn. 1, 4, § 112 Abs. 2, 4-5, § 112a Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Herford (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 3 BV 3/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 25.02.2009 – 3 BV 3/09 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein am 15.02.2008 neu gegründetes Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Maschinen für die Laminat produzierende Industrie befasst. Sie beschäftigt ca. 150 Mitarbeiter.
Der bei ihr gewählte Betriebsrat besteht aus sieben Personen.
Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und dadurch bedingter Auftragsrückgänge rechnete die Arbeitgeberin für das Kalenderjahr 2009 mit einer Verfehlung der avisierten Umsätze um 50 %. Sie prüfte daraufhin die unternehmerische Umstrukturierung zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
Die insoweit von der Arbeitgeberin erstellten Planungen sehen eine grundsätzliche Neuausrichtung – weg von der gesamten Fertigungstiefe mit Produktion und Montage und hin zu einem reinen E2- und Entwicklungsbetrieb – vor. Diese Planung ging mit einem Verlust von ca. 50 Arbeitsplätzen einher. Über Einzelheiten der Planungen unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat am 20.01.2009 unter Vorlage schriftlich dargestellter Einzelheiten der geplanten Betriebsänderung. Darin wurde unter anderem auf die Absicht der Fremdvergabe der Produktionsbereiche mechanische Fertigung, Elektrofertigung und Innenmontage verwiesen, was zu einem Abbau von 38 Arbeitsplätzen führen würde. Im Bereich der 2-D Konstruktion wurden darin die Anpassung der Personalkapazitäten und ein Abbau von drei Arbeitsplätzen verzeichnet. Auch im Bereich der Arbeitsvorbereitung sollte eine geplante Personalanpassung zum Abbau von drei Arbeitsplätzen führen. Das Gleiche sollte für die Bereiche Außenmontage Elektrik, Projektierung, Elektrokonstruktion Software, Materialwirtschaft gelten, insoweit war ein Abbau von weiteren sechs Arbeitsplätzen vorgesehen. Wegen der Einzelheiten der Unterrichtung des Betriebsrats wird auf die Anlage zur Antragsschrift vom 02.10.2009 (Bl. 10 ff.d.A.) verwiesen.
Die Planungen der Arbeitgeberin wurden dem Betriebsratsvorsitzenden anlässlich der Übergabe des Konzeptes weiter erläutert. Im Anschluss an die Informationsphase fand ein Verhandlungstermin zwischen den Beteiligten über die Umsetzung der geplanten Betriebsänderung am 26.01.2009 statt. Darin wurden noch einmal die Details, die Plausibilität und Machbarkeit des von der Arbeitgeberin geplanten Geschäftsmodells dargelegt.
Im Verhandlungstermin vom 26.01.2009 wurden auch alternative Optionen für eine mögliche Reduzierung der insgesamt abzubauenden Arbeitsplätze besprochen. Ein vom Betriebsrat vorgelegtes Alternativ-Konzept bestand unter anderem aus einem „Freiwilligen-Programm” mit 12 Monaten Transferdauer sowie Abfindungszahlungen und Verzicht auf die Ausnahmeregelung des § 112 a Abs. 2 BetrVG. Am Ende des Verhandlungstermins vom 26.01.2009 erklärte der Betriebsratsvorsitzende, dass die von der Arbeitgeberin vorgestellten unternehmerischen Planungen in dieser Form nicht akzeptiert werden würden. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeberin erwiderte daraufhin, dass eine substantielle Reduzierung der abzubauenden Arbeitsplätze im Rahmen der geplanten Neuaufstellung nicht in Betracht komme und sie, die Arbeitgeberin, an ihren Planungen zur grundsätzlichen Neuausrichtung der Gesellschaft, verbunden mit der Aufgabe der eigenen Fertigung und Montage festhalte.
In einem Schreiben der Arbeitgeberin an den Betriebsrat vom 26.01.2009 (Bl. 28 d.A.) wies die Arbeitgeberin noch einmal darauf hin, dass die vom Betriebsrat vorgestellten Alternativen zu dem am 20.01.2009 dargestellten Konzept wirtschaftlich nicht tragbar und finanziell nicht realisierbar seien. Die Arbeitgeberin forderte den Betriebsrat auf, die Verhandlungen am Folgetag um 12.00 Uhr fortzusetzen.
Mit Schreiben vom 27.01.2009 (Bl. 30 ff.d.A.) wies der Betriebsrat über seine Verfahrensbevollmächtigten auf seine bestehende Verhandlungsbereitschaft hin und legte noch einmal seine eigene Verhandlungsposition bestehend aus acht Punkten d...