Entscheidungsstichwort (Thema)
Ab- und Anmeldung für Betriebsratsarbeit. Meldung in Arbeitszeiterfassungssystem. Störung der Betriebsratsarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber kann aufgrund des Sinn und Zwecks der Meldepflicht des Betriebsratsmitglieds eine persönliche Meldung des jeweils betroffenen Betriebsratsmitglieds nicht verlangen. Wie das Betriebsratsmitglied die Meldungen bewirkt, ist seine Sache.
Normenkette
BetrVG §§ 78, 37 Abs. 2, 6
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 27.02.2013; Aktenzeichen 5 BV 30/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 27.02.2013 - 5 BV 30/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die Rechtmäßigkeit einer Anweisung der Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) zur Erfassung von Arbeitsabwesenheiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Betriebsrat in einem Zeiterfassungssystem und damit verbunden um einen Unterlassungsanspruch des Antragstellers.
Der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin gewählte siebenköpfige Betriebsrat, dessen Vorsitzender Herr C ist. Bei der Arbeitgeberin wird von einer Vielzahl der Beschäftigten ein Zeiterfassungssystem genutzt. Grundlage dieses als "AIDA" bezeichneten Systems ist in der Regel eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Nutzung sogenannter Gleitzeit. Solche Vereinbarungen sind auch von Betriebsratsmitgliedern mit der Arbeitgeberin abgeschlossenen worden. In diesen Vereinbarungen findet sich auch die Verpflichtung zur Zeiterfassung wie folgt:
" § 9 Zeiterfassung
1. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, täglich die individuelle Arbeitszeit zu erfassen. Zeitguthaben und Zeitschuld werden täglich saldiert. Hierfür wird von der Geschäftsführung ein System vorgegeben (vgl. § 18). Das Zeiterfassungssystem ist persönlich zu bedienen. ...
§ 18 Zeiterfassung, Nachbuchungen, Beantragung von Fehlzeiten
Die Handhabung der Zeiterfassung im Umgang mit Nachbuchungen und Fehlzeitenanträgen sind in der entsprechenden Dokumentation im Intranet nachzulesen. Diese können Änderungen unterworfen sein und werden laufend aktualisiert. ..."
Im Übrigen wird als Beispiel für eine der Gleitzeitvereinbarungen auf die Kopie Bl. 90 - 95 d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 06.07.2012 forderte die Arbeitgeberin Betriebsratsmitglieder auf, sämtliche Arbeitsabwesenheitszeiten, welche im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben entstehen, im Zeiterfassungssystem AIDA einzutragen und sich für diese Abwesenheiten stets über das System vor Aufnahme der Betriebsratsarbeit ab- und unmittelbar danach wieder zurückzumelden. Unter anderem heißt es in diesem Schreiben wörtlich:
"Sehr geehrter Herr ...,
aus gegebenem Anlass möchten wir Sie daran erinnern, dass Ihre Verpflichtung zur Nutzung des Zeiterfassungssystems AIDA auch für Arbeitsabwesenheiten Ihre betriebsverfassungsrechtliche Gremienarbeit betreffend gilt.
Wir fordern Sie höflich auf, jegliche Arbeitsabwesenheit im Zusammenhang mit Ihrer Funktion als Mitglied eines betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums in AIDA jeweils rechtzeitig vorher wie in der Anlage beschrieben anzumelden.
Darüber hinaus machen wir Sie darauf aufmerksam, dass die Beurteilung der Rechtzeitigkeit in Ihrem eigenen Risiko liegt.
Im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Erfassung Ihrer Arbeitsabwesenheit in AIDA werden wir Ihren Entgeltanspruch und weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen prüfen."
Auf die Kopie Bl. 19 d.A. wird Bezug genommen.
In der diesem Schreiben vom 06.07.2012 beigefügten Anlage, die überschrieben ist mit "Anleitung zur Buchung der Betriebsratssitzung in AIDA", heißt es wie folgt:
"Schritt 1: Rechtzeitige Information der Führungskraft vorab
Zunächst buchen Sie im Fenster "Korrekturantrag stellen" unter dem Punkt "Fehlgründe halbtags" den Fehlgrund "BR-Sitzung":
Bitte wählen Sie "Vormittag" und das Datum der BR-Sitzung aus. Tragen Sie als Bemerkung Beginn und voraussichtliches Ende ein und stellen Sie den Antrag.
Nun erhält Ihre Führungskraft sowie die Personalleitung eine Email, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Sobald Ihre Führungskraft den Antrag bearbeitet hat, erhalten Sie und die Personalleitung eine entsprechende Information per Email."
Auf die Kopie Bl. 20 d.A. wird im Übrigen verwiesen.
Nach dem Vorbringen der Arbeitgeberin im Termin zur mündlichen Anhörung vor der Kammer vor dem Arbeitsgericht Bochum am 27.02.2013 sei es in keinem einzigen Fall bislang zu einer Ablehnung der in das System eingegebenen Betriebsratstätigkeit gekommen.
Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats mit Schreiben vom 12.07.2012 darauf hingewiesen hatte, dass der Betriebsrat die Weisung der Arbeitgeberin zur Nutzung des Zeiterfassungssystems für die Fälle der Betriebsratsarbeit als rechtswidrig betrachte und die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 21.09.2012 ihre Auffassung bekräftigt hatte, sie bestehe auf eine einheitlichen Handhabung der Anzeige von Betriebsrat...