Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle. Vertragsstrafe. geltungserhaltende Reduktion
Leitsatz (amtlich)
1. Eine wegen unangemessener Höhe der Vertragsstrafe unwirksame Regelung in einem formularmäßig verwendeten Arbeitsvertrag kann nicht im Wege geltungserhaltender Reduktion mit einem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden. Wird unterschiedslos für eine Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist und für die nachfolgende Vertragslaufzeit eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt für den Fall einer berechtigten fristlosen Kündigung des Arbeitgebers vorgesehen, ist die Klausel insgesamt unwirksam.
2. Dies gilt auch für den Fall, wenn in einem Vertrag sowohl die Probezeit als befristetes Arbeitsverhältnis als auch die sich anschließende unbefristete Vertragslaufzeit einheitlich geregelt sind.
Normenkette
BGB § 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1-2, § 310 Abs. 4, § 343
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. Januar 2004 – 1 Ca 341/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
Der 32 Jahre alte Kläger war seit dem 1. Mai 2002 bei der Beklagten in deren Filiale in B2x-xxxxxx beschäftigt.
Grundlage war ein schriftlicher, von der Beklagten formularmäßig verwandter Arbeitsvertrag vom selben Tage. Dieser sah folgende Regelungen vor:
§ 1 Einstellung
1. Der Arbeitnehmer wird ab 01.05.2002 als Teamleitung eingestellt.
§ 2 Probezeit
Das Arbeitsverhältnis wird zunächst für die Zeit vom 01.05.02 bis 30.07.02 (höchstens drei Monate) zur Probe eingegangen und endet mit Ablauf dieser Probezeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Wird das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt, so geht es in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über.
§ 4 Vergütung
2. Das vereinbarte Entgelt beträgt Euro 2.052,–.
§ 12 Vertragsstrafe, Schadensersatz
Tritt der/die Arbeitnehmer/in das Arbeitsverhältnis nicht an, löst er/sie das Arbeitsverhältnis unter Vertragsbruch oder wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst, so hat der/die Arbeitnehmer/in an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Brutto-Monatsgehalt/-lohn zu zahlen. Der Arbeitgeber kann einen weitergehenden Schaden geltend machen.
§ 14 Kündigung
1. Dieser Arbeitsvertrag ist beiderseits mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats kündbar.
2. Soweit dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Vorschrift nur mit einer verlängerten Frist gekündigt werden darf, gilt diese verlängerte Kündigungsfrist auch für eine Kündigung seitens des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Eine verspätet zugegangene Kündigung gilt als Kündigung für den nächstzulässigen Zeitpunkt. Eine fristlose Kündigung gilt vorsorglich aus als fristgemäße Kündigung für den nächstzulässigen Zeitpunkt. Eine Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig.”
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos mit folgender Begründung:
„Durch die Auszubildende C2xxxxx W2xxx ist schriftlich bestätigt worden, dass Sie per SMS die zu der Zeit noch Minderjährige aufgefordert haben, Ihnen Rauschmittel zu besorgen. (Text wörtlich: Hi C3xx, hab zur Zeit totale Probleme. Kannst du mir Gras besorgen?)
Die SMS wurde auch von dem Freund der Frau W2xxx gelesen und Ihre Mobilnummer identifiziert.
Durch unseren Anwalt abgeklärt, ist dies einwandfrei eine Aufforderung zu einer Straftat, zumal Sie als Filialleiter, also direkter Vorgesetzter der Frau W2xxx, eine Verantwortung gegenüber der Schutzbefohlenen haben.”
Gegen diese Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage, die er mit Schriftsatz vom 28. April 2003 zurücknahm. Zuvor hatte die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung vom 3. Januar 2003 im Wege der Widerklage einen Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe in Höhe der vom Kläger mit seiner Klage angegebenen durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von 2.500,– Euro geltend gemacht.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Vertragsstrafenabrede rechtswirksam sei und die Voraussetzungen für einen Anspruch gegeben seien. Der in dem Kündigungsschreiben dargestellte Sachverhalt rechtfertige eine außerordentliche Kündigung. Der Kläger habe zudem eine Umschülerin massiv wegen ihrer korpulenten Figur gemobbt und ihr andererseits erklärt, sie verliere ihren Job, wenn sie sich über ihn beschweren sollte. Darüber hinaus seien seit Eröffnung der Filiale am 1. September 2002 innerhalb von drei Monaten 50 Paar Schuhe nicht mehr vorhanden gewesen. Die normale Diebstahlsquote liege bei 5 Paar Schuhe im Jahr. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger S1xxxx e...