Die Revision wird für keine der Parteien zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Verschulden. Betriebsunfall bei nicht genehmigter Nebentätigkeit. Treuwidrigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Betriebsunfall bei der Ausübung einer Nebentätigkeit vom Arbeitnehmer nicht selbst verschuldet im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG, so ist auch der Arbeitgeber des Hauptarbeitsverhältnisses zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet, wenn der Betriebsunfall zur Arbeitsunfähigkeit führt.

Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber des Hauptarbeitsverhältnisses die Nebentätigkeit nicht genehmigt hat.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; BGB § 242; SGB X § 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 10.05.2005; Aktenzeichen 5 Ca 3809/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.05.2005 – 5 Ca 3809/04 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.261,20 EUR nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 22.11.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Arbeitgeberin ihres Versicherten E1xxxxxx Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall aus übergegangenem Recht geltend.

Der bei der Klägerin versicherte J1xxxxx E1xxxxxx (Versicherter) ist am 10.03.1959 geboren. Nach der Berufsausbildung als Metzger hat er zunächst überwiegend im Metzgereigewerbe gearbeitet. Seit 1993 arbeitete er überwiegend als Forstwirt in Forstbetrieben.

In der Zeit vom 15.03.2004 bis zum 31.01.2005 war der Versicherte E1xxxxxx im Betrieb der Beklagten als Auslieferungsfahrer auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 22.03.2004 (Bl. 33 bis 38 d.A.) tätig.

In dem Arbeitsvertrag war u.a. Folgendes geregelt:

§ 1 Arbeitsumfang

2. Der Arbeitnehmer hat seine volle Arbeitskraft in die Dienste der Firma zu stellen. Eine Nebentätigkeit darf er nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Firma aufnehmen. Erfüllungsort für die Arbeitsanweisung ist der Betrieb in B1xxxx.

§ 4 Arbeitszeit und Arbeitsverhinderung

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 48 Stunden. Beginn und Ende der Arbeitszeit unterliegen den arbeitgeberseitigen Bestimmungen.

Der Arbeitsablauf seiner Tätigkeit gestaltete sich so, dass der Versicherte E1xxxxxx morgens zwischen 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr sein Auslieferungsfahrzeug zu beladen und anschließend arbeitstäglich cirka 250 Pakete auszuliefern hatte bei cirka 118 Stopps.

Der Versicherte E1xxxxxx hatte von Beginn seiner Tätigkeit an schon ein weiteres Arbeitsverhältnis begründet mit dem Forstbetrieb M3xxx K3xxxx auf der Basis eines 400,– EUR – Arbeitsverhältnisses. Das Bestehen des Arbeitsverhältnisses war der Sozialversicherung gemeldet ab 01.04.2003.

Eine Nebentätigkeitsgenehmigung der Beklagten beantragte der Versicherte E1xxxxxx nicht. Bei seiner Einstellung verneinte er die Frage nach dem Bestehen einer Nebentätigkeit.

An dem bei der Beklagten für ihn arbeitsfreien Samstag am 11.09.2004 nahm der Versicherte E1xxxxxx seine Tätigkeit bei dem Forstbetrieb K3xxxx gegen 7.30 Uhr auf. Gegen 9.30 Uhr kam es bei der Fällung von Bäumen zu einem Arbeitsunfall. Der Versicherte E1xxxxxx zog sich einen Unterschenkelbruch links zu. Wegen dieser Verletzung war er in der Zeit vom 11.09.2004 bis zum 09.01.2005 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte verweigerte d … Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ab dem 13.09.2004. Die Klägerin errechnete für den Zeitraum 13.09.2004 bis zum 22.10.2004 ein Verletztengeld des Versicherten E1xxxxxx in Höhe von 1.261,20 EUR netto und veranlasste die Auszahlung dieses Betrages. Auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der Beklagten vom 27.10.2004 (Bl. 134 d.A.) lag der Berechnung des Verletztengeldes ein Regelentgelt in Höhe von 46,52 EUR zugrunde. Die auszahlende AOK Westfalen-Lippe teilte mit Schreiben vom 11.11.2004 der Klägerin über die Leistungsbemessung Folgendes mit:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der o.g. Unfallsache zahlen wir gemäß Verwaltungsvereinbarung Generalauftrag in Ihrem Namen und zu Ihren Lasten Verletztengeld. Im Rahmen der Leistungsbemessung haben sich folgende Werte ergeben:

Arbeitsunfähigkeit vom 11.09.2004 bis laufend

Verletztengeld 36,24 EUR Nettoauszahlbetrag 31,53 EUR

Vers.anteil zur Rentenversicherung 3,53 EUR

Vers.anteil zur Arbeitslosenversicheung 1,18 EUR

Trägeranteil:

  • Rentenversicherung 3,53 EUR
  • Arbeitslosenversicherung 1,18 EUR

Mit der vorliegenden, am 17.11.2004 erhobenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Entgeltfortzahlung in Höhe des Verletztengeldes für 40 Tage im Zeitraum zwischen dem 13.09. bis 22.10.2004 von 1.449,60 EUR, in Höhe der Krankenversicherungsbeiträge von 266,13 EUR, in Höhe der Rentenversicherungsbeiträge von 141,20 EUR und in Höhe der Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit und zur Pflegeversicherung von 47,20 EUR, insgesamt 1.904,13 EUR.

Die Klägerin hat vor...

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