Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gatifikation. Betriebsvereinbarung. Tarifvertrag. Sperrwirkung. Betriebsübergang. Ausschluss von Ansprüchen im Fall eines Betriebsübergangs
Leitsatz (amtlich)
Verspricht der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation mit der Maßgabe, dass ein Gratifikationsanspruch nicht allein im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Falle eines Betriebsübergangs entfäl lt, so verstößt dies gegen die Grundsätze des § 613a BGB.
Normenkette
BetrVG § 77; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Aktenzeichen 3 (4) Ca 58/04) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 10 AZR 133/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen – 3 (4) Ca 58/ 04 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen
Tatbestand
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin, welche in der Zeit vom 01.07.2000 bis zum 29.12.2003 als Restaurant-Mitarbeiterin in der von der Beklagten angepachteten Autobahnkleinraststätte tätig war und deren Arbeitsverhältnis aufgrund Betriebsübergangs auf einen Nachfolgepächter übergegangen ist, die Beklagte auf Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2003 in Anspruch.
Diesen Anspruch stützt die Klägerin auf die im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils wiedergegebene Betriebsvereinbarung vom 06.11.2003. Nach Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung soll das Weihnachtsgeld gezahlt werden
„…an die Mitarbeiter/-innen, die am 15.11.2003 in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis bei der Beklagten stehen und deren Arbeitsverhältnis voraussichtlich auch nicht in nächster Zukunft enden wird.”
Wie unstreitig ist, hatte die Verpächterin der Autobahnkleinraststätte den mit der Beklagten bestehenden Pachtvertrag mit Wirkung zum 29. oder 31.12.2003 gekündigt. Mit Rücksicht auf die Unsicherheit, inwiefern es zur Fortführung des Betriebes durch einen neuen Pächter oder die Verpächterin selbst kommen würde, hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin vorsorglich unter dem 17.10.2003 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2003 ausgesprochen, wogegen die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Hagen Klage erhob. Dieses Verfahren ist nach Rücknahme der Kündigung erledigt. Die Klägerin ist seither für den neuen Pächter der Raststätte tätig.
Zur Begründung ihres Begehrens auf Zahlung von Weihnachtsgeld hat die Klägerin im er'sten Rechtzug vorgetragen, wegen der Unwirksamkeit der Kündigung erfülle sie die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung vom 06.11.2003, da das Arbeitsverhältnis nicht wirksam gekündigt und im Hinblick auf den Betriebsübergang auch nicht „in nächster Zukunft ende”. Demgegenüber hat die Beklagte sich zum einen auf die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG berufen und hierzu vorgetragen, die mit der Gewerkschaft abgeschlossenen Firmentarifverträge (Manteltarifvertrag, Gehaltstarifvertrag) seien als abschließende Regelung anzusehen. Im Übrigen enthalte die Betriebsvereinbarung ausdrücklich einen Freiwilligkeitsvorbehalt. Wegen des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis könne die Klägerin ohnehin die begehrte Leistung nicht beanspruchen.
Durch Urteil vom 01.07.2004 (Bl. 61 d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 1.300,00 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Klägerin stehe die begehrte Leistung aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 06.11.2003 zu. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten greife die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG vorliegend nicht ein. Weder der Manteltarifvertrag noch der Vergütungstarifvertrag könnten als abschließende Regelungen verstanden werden, welchen ergänzende Betriebsvereinbarungen über freiwillige Leistungen entgegenstünden. Ebenso wenig scheitere die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung am Gesichtspunkt der Tarifüblichkeit im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG. Insoweit sei nicht erkennbar, dass die Beklagte dem räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Bereich eines Tarifvertrages unterfalle. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten bedeute der in die Betriebsvereinbarung aufgenommene „Freiwilligkeitsvorbehalt” allein, dass außerhalb der Betriebsvereinbarung ein Weihnachtsgeldanspruch nicht bestehe. Allein für die Zukunft, nicht hingegen für den Zusagezeitpunkt schließe die Betriebsvereinbarung einen Rechtsanspruch aus. Wegen der Unwirksamkeit der vorangehenden arbeitgeberseitigen Kündigung vom 17.10.2003 erfülle die Klägerin auch die Voraussetzungen gemäß Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung. Soweit die Beklagte hierzu vortrage, nach dem übereinstimmenden Willen der Betriebsparteien sei gemäß Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung auch ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten wegen Betriebsübergangs erfasst, verstoße eine so ausgelegte Regelung gegen die zwingende Wirkung des § 613a BGB. Aus demselben Grunde unterfalle die Klägerin auch nicht der i...