Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Rückwirkung Widerspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach Einfügung der Absätze 5 und 6 in § 613 a BGB ab 01.04.2002 hat der Widerspruch Rückwirkung.
2. Nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer für die Zeit zwischen Betriebsübergang und Erklärung des Widerspruches Anspruch auf Vergütung gegen den Betriebserwerber.
3. Ein Anspruch gegen den Veräußerer aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges ist nicht gegeben.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 5-6
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 03.03.2004; Aktenzeichen 2 Ca 3944/03) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 03.03.2004 – 3 Ca 3944/03 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Vergütungszahlung für den Zeitraum 18. bis 29.07.2003 in Anspruch. Während dieser Zeit arbeitete er für sie. Sein bei der Firma W GmbH & Co. KG bestehendes Arbeitsverhältnis war infolge Betriebsüberganges ab 18.07.2003 auf die Beklagte übergegangen. Diesem Betriebsübergang widersprach der Kläger mit Schreiben vom 29.07.2003. Er ist der Ansicht, da er für die Beklagte gearbeitet habe, habe diese ihn auch zu vergüten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 800,24 EUR brutto nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Der rechtzeitige und wirksame Widerspruch des Klägers schließe den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf sie, die Beklagte, als Erwerberin aus. Es sei somit zum bisherigen Arbeitgeber bestehen geblieben. Die von Seiten des Klägers erbrachten Arbeitsleistungen gelten mithin als in den bisherigen und fortbestehenden Arbeitsverhältnis erbracht. Der Kläger müsse sich dementsprechend an seine frühere Arbeitgeberin halten.
Durch Urteil vom 03.04.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe dem Betriebsübergang zwar widersprochen und nach der Rechtsprechung des BAG habe dieser Widerspruch Rückwirkung. Ob dies auch für § 613 a Abs. 6 BGB gelte, könne offen bleiben. Entfalte der Widerspruch nämlich keine Rückwirkung, stehe dem Kläger der Zahlungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis zu, welches zwischen den Parteien vom 18. bis 29.07.2003 bestanden habe. Entfalte der Widerspruch hingegen Rückwirkung, sei die Zeit, in der der Arbeitnehmer für den Erwerber gearbeitet habe, nach herrschender Meinung in der Literatur nach den Grundsätzen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses abzuwickeln.
Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 25 – 28 d. A. Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 24.03.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.04.2004 Berufung eingelegt und diese am 26.04.2004, einem Montag, begründet.
Die Beklagte trägt vor: Zu Recht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Ausübung des Widerspruchsrechtes Rückwirkung zukomme, da nur so dem Interesse des Arbeitnehmers Rechnung getragen werde, nicht gegen seinen Willen an den Erwerber des veräußerten Betriebes gebunden zu sein. Ausgehend von einer derartigen Rückwirkung sei das Arbeitsverhältnis mithin so zu behandeln, als habe es ausschließlich zwischen dem widersprechenden Arbeitnehmer einerseits und dem Veräußerer als Arbeitgeber andererseits bestanden. Für den vorliegenden Fall bedeute dies, dass der Kläger auch in der Zeit zwischen dem Betriebsübergang und der Erklärung des Widerspruches ununterbrochen und ausschließlich für den Betriebsveräußerer gearbeitet habe. Grundlage für die Erbringung der Arbeitsleistung sei demzufolge das fortwährend bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Betriebsveräußerer gewesen.
Da die Erbringung der Arbeitsleistung mit dessen Willen und Wollen erfolgt sei, erscheine es sachgerecht und geboten, den Kläger, nachdem er durch Erklärung des Widerspruches deutlich zum Ausdruck gebracht habe, keine Rechtsbeziehung zu ihr, der Beklagten, begründen zu wollen, hinsichtlich seiner arbeitsvertraglichen Ansprüche an seinen „fortbestehenden” Vertragspartner zu verweisen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
den Berufungsantrag zurückzuweisen.
Der Kläger tritt dem angefochtenen Urteil unter Widerholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages bei.
Wegen des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte für die Zeit 18. bis 29.07.2003 auf Grund tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung Vergütung in der geltend gemachten Höhe zu (§ 611 BGB). Zwischen den Parteien hat ein faktisches Arbeitsverhältnis...